Full text: Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende

Paradestück vaterländischen Unterrichts dem Generalstab, Hindenburg und Luden¬ 
dorff, der ihm „bewegt“ für diese „Weihestunde“ dankte, zu präsentieren.53 
Fruchtbarer und ersprießlicher als alle Durchhaltepropaganda wirkte sich Schmetzers 
musisches Interesse aus. Unter seiner Ägide entstand, auch um der kriegsbedingten 
Verödung des kulturellen Lebens entgegenzuwirken, durch Verfügung des komman¬ 
dierenden Generals vom 2. Oktober 1917 die „Volksbühne des stellvertretenden 
Generalkommandos XXL Armeekorps“, eine bei anderen Korps vorerst nicht nach¬ 
weisbare Theatergesellschaft,54 die ein dankbares Publikum in allen Bevölkerungs¬ 
schichten, zumal in Gewerkschaftskreisen, fand, hingegen bei einigen Arbeitgebern 
auf eine gewisse Reserve stieß. Sie debütierte am 3. November natürlich mit „Minna 
von Barnhelm“ und in glänzender Besetzung, darunter als Gäste namhafte Hofschau¬ 
spieler, die ihr auch weiterhin treu blieben. Intendant und Mitinitiator war der aus 
Straßburg gebürtige Oberspielleiter und Landwehrleutnant Ernst Matter, später in 
Berlin Präsident der Calderon-Gesellschaft,55 den anscheinend einige in Saarbrücker 
Stabsstellen tätige Straßburger unterstützten. Die auch bei den Nachbarkorps gastie¬ 
rende Bühne, über deren Tätigkeit die Presse eingehend informiert, erwies sich zudem 
als zählebig: ihr direkter Abkömmling, das Saarländische Landestheater, bestand bis 
in unsere Tage. 
5. Die Kriegsamtsstelle (KÄST) 
Wie alle Kriegsamtsstellen wurde die Saarbrücker Ende 1916 errichtet und fungierte 
ab Februar 1917 als Organ teils des Berliner Kriegsamtes, teils des Generalkomman¬ 
53 Dazu u. zu Schmetzer, laut Ranglisten 1913 u. 1914 Lt. d. R. im Weißenburger 
Inf.-Rgt. 60, vgl. Deist (wie Anm. 6) S. 851, 855, 1412, E. Ludendorff, Meine Kriegserin¬ 
nerungen, 1919, S. 369, W. Nicolai, Der vaterländische Unterricht, in: Schwarte (wie 
Anm. 10} Bd. 8 S. 496 f. - Die Aufführung von Schmetzers „Bühnenfestspiel - Deutschland 
u. seine Feinde“ durch die Volksbühne würdigt der Bergmannsfreund v. 16. Nov. 1917 
S. 108. 
54 StadtA Saarbr. Best. G Nr. 394 (mit Gründungs Verfügung), 353, 1294, 1897, 2255, Den 
Beirat der „Volksbühne“ bildeten Schmetzer, der mit einer rhein. Industriellentochter verhei¬ 
ratete Major d. L. Fritz Rosenbauer u. der Straßburger Kohlengroßhändler u. Lt. d. R. Franz 
Hansen, der in Saarbrücken eine Filiale betrieb (zu ihnen vgl. Presseberichte, Ranglisten, 
Adreßbücher 1914, 1918 u. Mitt. Dr. jacoby). - Seit Herbst 1917 gab es ein Heimatfront¬ 
theater, eine Wanderbühne mit feldgrauen Schauspielern, im Karlsruher Korpsbereich XIV für 
Nordbaden (Müller (wie Anm. 12) S. 351), 1918 eine Schaubühne des Eis.-Lothringer 
Heimatdienstes (Saargemünder Ztg. v. 9. Nov. 1918). 
55 Matter, Jg. 1881, vor 1912 am Stadttheater Metz, kam 1917 - vermutlich verwundet - als 
Vizefeldwebel d. L. (später Lt.) nach Saarbrücken u. ging im Mai 1919 zunächst nach Köln 
(Mitt. Dr. Jacoby, Adreßbuch 1918, W. Kosch, Dt. Theater-Lexikon, 1960, Bd. 2 S. 1383). 
Mit, neben u. zeitweise auch gegen ihn agierten, der Presse zufolge, der aus Konstanz 
stammende Dramaturg Dr. Ernst Guggenheim (Jg. 1882) u. der als Intendant des „Schauspiel¬ 
hauses der Stadt Saarbrücken“ auftretende, gebürtige Kämmer (Jg. 1871) Fritz Schiffermüller 
(Mitt. Dr. Jacoby, Adreßbücher). Das Verhältnis der in der Sommersaison 1918 nachweisba¬ 
ren „Südwestdeutschen Verbandsbühne“ u. des vorgenannten „Schauspielhauses“ zur Volks¬ 
bühne, bei der am 17. Nov. 1918 in Matterns Faust-Inszenierung der junge Gustav Gründ¬ 
gens den Schüler spielte, wäre noch aufzuklären. 
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