Eisen- und Stahlproduktion der Hütten vervielfachte sich. Die Städte und Dörfer
wucherten über ihre alten Kerne hinaus und erhielten durch staatliche,22 kommuna¬
le,23 kirchliche24 und private25 Bautätigkeit ein neues Gesicht.
Die landesgeschichtliche Forschung ist erst dabei, die Wandlungen und Veränderun¬
gen, die in allen Bereichen anzutreffen sind, darzustellen; viele Wünsche sind offen,
nicht alle Fragestellungen der Forschung werden sich beantworten lassen, weil die
einschlägigen Quellen fehlen. Den derzeitigen Forschungsstand möchte ich im zweiten
Abschnitt meines einführenden Referates beschreiben.
II. Forschungsstand
Allgemeine politische Geschichte
Um einen ersten Überblick über die politische Entwicklung der preußischen Saarkrei¬
se in der wilhelminischen Zeit zu erhalten, muß man immer noch mit dem schon über
dreißig Jahre alten Buch von Josef Bellot26 vorlieb nehmen, obwohl es viele Fragen
und Wünsche offen läßt. Infolge der vorwiegend ereignisgeschichtlichen Betrachtungs¬
weise des Autors steht die Schilderung der Wahlen zum Preußischen Landtag und zum
Reichstag im Mittelpunkt. Bei dem Versuch eines Vergleiches der Stärkeverhältnisse
der Parteien vor und nach 1919 ergeben sich ernste Schwierigkeiten. Da das
preußische Dreiklassenwahlrecht bis zum Ende unseres Untersuchungsabschnittes
fortbestand, scheiden die Landtagswahlen für einen Vergleich ohnedies aus. Bei dem
Vergleich der Reichstagswahlen mit den Wahlen zum Landesrat des Saargebietes oder
22 Ich denke vor allem an Bahnhofs-, Gerichts- und Kasernenbauten, vgl. Armin Schmitt,
Denkmäler saarländischer Industriekultur (wie Anm. 158): Bahnhöfe in Merzig (S. 29),
Beckingen (S. 36), St. Ingbert (S. 108). Die Geschichte eines Verwaltungsgebäudes
1876-1976, Saarbergwerke AG, Saarbrücken 1976 (Nachdruck von Aufsätzen von Hans
Christoph Dittscheid, Martin Klewitz und anderen aus Saarbrücker Hefte 43/1976),
Wolfgang Götz, Das Landgericht Saarbrücken, in: 150Jahre Landgericht Saarbrücken.
Festschrift hrsg. vom Präsidenten des Landgerichts in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich
Rechtswissenschaft der Universität des Saarlandes, Köln-Berlin-Bonn-München 1985
S. 33-66.
23 Wittenbrock, Rolf, Die Stadtplanung in St. Johann im 19. Jahrhundert, in: Saarbrücker
Hefte 60, 1988 S. 83-129; Kranz-Michaelis, Charlotte, Das Rathaus Georg Hauberrissers
in St. Johann an der Saar, in: ZGSaargegend 19, 1971 S. 445-451; Hellwig, Friedrich, Der
Festsaal im Saarbrücker Rathaus zu St. Johann, in: Saarheimat 33, 1989 S. 7-12.
24 Saarn, Rudolf, Beitrag zur Baugeschichte neugotischer Kirchen an der Saar. Zum Leben und
Werk des Baumeisters Carl Friedrich Müller, in: Saarbrücker Hefte 48, 1978 S. 17-52;
Klewitz, Martin, Der evangelische Kirchenbau zwischen 1800 und 1945, in: Die evangeli¬
sche Kirche an der Saar - gestern und heute, hrsg. von den Kirchenkreisen Ottweiler,
Saarbrücken und Völklingen, Saarbrücken 1975, S. 247-260; Klewitz, Martin, Bergbau half
den Kirchen. Bethäuser gebaut. Bergleute mit Familien folgten, in: Saarbrücker Bergmannska¬
lender 1978 S. 61-68; Pinzka, Wolfgang E., Kirchenbau im Saarrevier im Spiegel der
Industrialisierung, in: Saarheimat 32, 1988 S. 272-275; 33, 1989 S. 13-15, 33-37; Busse,
Hans-Berthold, Wilhelm Hector (1855-1918), in: Saarländische Lebensbilder IV, hrsg. von
Peter Neumann, Saarbrücken 1988 S. 131-154. Nach den Plänen Hectors wurden mehr als
30 Kirchen im Saarland errichtet. - Vgl. auch den Beitrag von Franz Ronig in diesem Band
S. 84-114.
25 Ruser, Edith, Jugendstilarchitektur im Saarland, Saarbrücken 1981.
26 Bellot, Josef, Hundert Jahre politisches Leben an der Saar unter preußischer Herrschaft
(1815-1918), Bonn 1954 (Rheinisches Archiv 45).
14