Full text: Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende

re,10 wurde der Reichskanzler durch Reichsgesetz vom 28. Mai 187711 ermächtigt, 
eine Eisenbahn von Teterchen (zwischen Busendorf und Hargarten im Bezirk Lothrin¬ 
gen gelegen) nach Hostenbach (im Kreis Saariouis) auf Rechnung des Staates 
anzulegen. Es handelte sich dabei um die Weiterführung der von der lothringischen 
Eisenbahngeselischaft erbauten und von der Reichsverwaltung betriebenen Bahnlinie 
Courcelles-Bolchen-Teterchen. Wohl hatte die Gesellschaft auch für die Teilstrecke 
von Teterchen über Hargarten und Differten nach Wadgassen bzw. Bous bereits die 
Vorarbeiten ausführen lassen, doch war ihr die Baugenehmigung für diesen Abschnitt 
durch das Reich nicht erteilt worden.12 Der Grund dafür lag darin, daß die 
Generaldirektion der Reichseisenbahnen die durch die lothringische Eisenbahngesell¬ 
schaft gestellten Bedingungen nicht akzeptiert hatte. Gefordert worden war bei 
Übergang des Betriebes der Strecke in die Verwaltung der Reichseisenbahnen entwe¬ 
der die Zahlung von 5 % Zinsen durch das Reich für die Herstellungskosten oder die 
Zahlung „eines bestimmten Anteils der Bruttoeinnahmen“ aus dem Betrieb auf der 
neuerbauten Linie an das lothringische Unternehmen.13 
Die ablehnende Haltung der Generaldirektion hatte ihren Grund darin, daß sie die 
Bahn zwischen Teterchen und Bous selbst bauen wollte. Zu sehen hat man sie im 
Zusammenhang mit den großräumigen Verkehrserschließungen, die die Generaldirek¬ 
tion in Anbetracht der sich abzeichnenden wirtschaftliche;! Entwicklung im lothrin¬ 
gisch-saarländischen Raum vorzunehmen beabsichtigte. Außer der Weiterführung der 
Linie Courcelles-Bolchen-Teterchen über Hargarten und Differten nach Bous bzw. 
Wadgassen ging es ihr darum, im Anschluß an die Saartalbahn Saarbrücken-Trier 
bzw. Saarbrücken-Saargemünd, die 1860 resp. 1869 eröffnet worden war,14 sowie die 
geplante Fischbachtalbahn, die von Saarbrücken über Wemmetsweiler nach Neunkir¬ 
chen führen sollte - sie nahm 1879 ihren Betrieb auf —, eine direkte, von der 
Bahnstrecke Courcelles-Forbach-Saarbrücken unabhängige Verbindung von Metz 
nach Mainz zu schaffen.15 Über die Saartalbahn und die Eifelbahn bzw. die 
Moselbahn bewerkstelligte sie außerdem eine von der Bahnstrecke Metz-Diedenhofen 
unabhängige Verbindung von Metz nach Köln und nach Koblenz. 
Die wirtschaftlichen Vorteile, die aus einer Schienenverbindung von Metz aus bzw. 
dem lothringischen Raum ins Saarrevier und darüber hinaus nach Mainz, Köln und 
Koblenz bzw. in das Rhein-Main-Gebiet, den rheinisch-westfälischen Raum und das 
Mittelrheingebiet erwuchsen, sind unübersehbar. Von den wirtschaftlichen Vorteilen 
abgesehen, dürfen selbstverständlich auch die militärstrategischen Gesichtspunkte 
nicht übersehen werden. Die genannten Linien verbanden nämlich auch die bedeuten¬ 
den Festungs- und Garnisonsstädte Metz, Köln und Mainz miteinander. Einbezogen 
war in dieses strategische Dreieck quasi als Mittelpunkt Saarbrücken. 
10 Die geforderten Bahnen konnten damals wegen mangelnder finanzieller Mittel nur teilweise 
gebaut werden (vgl. hierzu L. Strauß, a. a. O., S. 51). 
11 Vgl. hierzu Reichsgesetzblatt, Jg. 1877, S. 25. 
12 Vgl. hierzu L. Strauß, a. a. O., S. 51. 
13 ebd., Anm. 2. 
14 Vgl. hierzu K. Hoppstätter, a. a. O., S. 108 u. S. 110. 
15 Vgl. hierzu L. Strauß, a. a. O., S. 52. 
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