Full text: Das Saarrevier zwischen Reichsgründung und Kriegsende (18)

dortigen Kohlenfelder betrieb. Die Eigner ließen sich durch die Krise nicht beirren und 
überstanden auch die vergleichsweise lange Vorlaufsphase. 1879 mündeten die 
Bohrungen in der Abteufung eines ersten Schachtes, aus dem erstmals 1882 mit einer 
Belegschaft von 42 Mann 500 Tonnen Kohle gefördert wurden.29 
Zum zweiten Standbein des Montansektors, der eisenschaffenden Industrie, fällt ein 
Gesamturteil schwerer, weil wir es mit verschiedenen Unternehmensgruppen und 
-formen mit einer recht unterschiedlichen Produktionspalette zu tun haben und weil 
im Gegensatz zum staatlichen Bergbau lückenlose Zahlenreihen durchweg fehlen. 
Von der Situation im Bergbau auf die Eisenindustrie zu schließen, bietet sich auf den 
ersten Blick zwar an, erweist sich aber in der Praxis nicht ohne weiteres als 
durchführbar. Zum einen entfiel nur ein Drittel des Absatzes von Kohlenprodukten, 
vor allem aufgrund der unbefriedigenden Koksqualität, auf die Eisenindustrie, und 
davon ging noch ein Teil nach Lothringen und in andere Reviere; zum anderen waren 
die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu unterschiedlich.30 
Der französische Markt, der bis 1870 fast 50 % der Saarkohle abnahm, erwies sich 
wegen der lothringischen Eisenindustrie als wenig aufnahmefähig. Nach der Einglie¬ 
derung bekam man in ihr gar einen weiteren potenten Mitbewerber auf dem 
Binnenmarkt. Da sich die heimischen hochwertigen Erzlager erschöpft hatten, mußten 
Erze teuer von Lahn, Sieg und Dill bezogen werden, wollte man sich nicht auf die 
Herstellung qualitativ geringer Erzeugnisse aus der phosphorhaltigen und damit zur 
Massenstahlerzeugung vorerst noch ungeeigneten Minette beschränken. Der zur 
Beimischung im Hochofen unerläßliche Ruhrkoks verteuerte sich durch die Bahn¬ 
fracht ebenfalls, und bei der Deckung ihres Brennstoffgrundbedarfs waren die Hütten 
allein von Angebot und Preisgestaltung des hiesigen Staatsbergbaus abhängig. Die 
bayerischen und die Privatgruben fielen wegen ihrer geringen Fördermenge nicht ins 
Gewicht. Hohe Frachtraten belasteten schließlich auch die Fertigprodukte, bevor sie 
zur Kundschaft gelangten.31 
Erwies sich beim Bergbau die Randlage als Garant für eine starke Monopolstellung, 
mußte sie die Konkurrenzfähigkeit der Eisenindustrie doch sehr hemmen. Diese 
unvorteilhaften Rahmenbedingungen kamen in Zeiten hoher Nachfrage freilich nicht 
zum Tragen; und in eben einem solchen Zyklus bewegte sich die Branche mit kurzen 
Unterbrechungen seit den 50er Jahren, als insbesondere Eisenbahn- und Maschinen¬ 
29 Zum Bergbau in der bayerischen Pfalz vgl. J. Kluding, Die geschichtliche Entwicklung des 
Steinkohlenbergbaues in der Pfalz bis 1920, Reprint Landstuhl 1981. Vor dem Ersten 
Weltkrieg war Frankenholz noch vor den staatlichen Gruben die größte Steinkohlengrube 
Bayerns. 
30 B. Jordan, Absatzverhältnisse, S. 565. 
31 Vgl. zu dem gesamten Komplex: P. Berkenkopf, Die Entwicklung und die Lage der 
lothringisch-luxemburgischen Großeisenindustrie seit dem Weltkriege, Jena 1925, S. 11 f.; 
W. Born, Die Entwicklung der Saar-Großeisenindustrie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, 
Berlin 1919, S. 30, 33 f., 37 ff. und 41 ff.; H. Müller, Die Übererzeugung im Saarländer 
Hüttengewerbe von 1856 bis 1913, Jena 1935, S. 8 ff.; J. Kluding, Die geschichtliche 
Entwicklung des Steinkohlenbergbaues in der Pfalz, S. 96 ff. und 164; W. Petto, Zur 
Geschichte der Eisenindustrie im Schwarzwälder Hochwald und ihrer Unternehmerfamilien 
von ihren Anfängen bis 1870, in: Zs. f. d. Gesch. d. Saargegend 17/18, 1969/70, 
S. 112-170; Reichsland Elsaß-Lothringen, S. 169-181. 
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