Die evangelische Kirche zu Saarlouis, 1906 von Carl Schlück aus Saarlouis erbaut,48
steht an einer Straßenkreuzung, seit einigen Jahren durch ein gegenüber errichtetes
16-geschossiges Hochhaus städtebaulich leider sehr herabgestuft. Architekt Schlück
hatte durch die seitliche Situierung des Turmes - ganz in der damaligen Art, Kirchen
an Straßenkreuzungen einzubinden - die Ecksituation geschickt betont. Stilistisch
greift der Bau Elemente der deutschen Renaissance auf, die zum Teil im Sinne des
Jugendstiles verarbeitet werden. Wie der Baukörper in seiner Kreuzform zentral
empfunden ist, so auch das Innere. Dieses wird bestimmt durch eine quadratische
Vierung als Zentralraum, deren großes und kuppeliges Kreuzrippengewölbe durch
seitliche schmale Quertonnen und durch weitere Kreuzgewölbe in der Längsachse
gestützt wird. In den kurzen Querarmen befinden sich Seitenemporen, in der
Längsachse die Anlage von Kanzelaltar mit Orgel- und Sängerempore im vorderen
Bereich und einer weiteren Gemeindeempore gegenüber.
Bei der Erbauung der evangelischen Kirche zu Blieskastel (1911-12) wirkte sich
wieder einmal die Zugehörigkeit zu Bayern aus: der Architekt Ludwig Wagner kam
aus München.49 Die städtebauliche und vor allem landschaftliche Situierung ist
hervorragend, die Zuwegung dadurch allerdings etwas schwierig. Die architektoni¬
sche Konzeption nimmt wohl Bezug auf die barocke katholische Schloßkirche von
Blieskastel, was sich in der Wahl des Stiles und in der Gliederung der Wandflächen im
Innern und im Äußeren zeigt. Außen bestimmen glatte und gedoppelte Natursteinpi¬
laster mit Putzflächen dazwischen die Wand, im Inneren sind es kannelierte Pilaster.
(Abb. 14).
Mit der katholischen Pfarrkirche St. Eligius in Völklingen, 1912-13 von Ludwig
Becker (Mainz) erbaut, erfährt der Neubarock seinen Höhepunkt im Saarland vor
dem ersten Weltkrieg. 1845-48 hatte man in Völklingen schon eine neue katholische
Kirche erbaut, einen einfachen Saalraum nach Plänen von Regierungsbaurat Hoff in
Trier.50 Sie wurde 1912 zugunsten des Neubaues abgerissen. 1912 wurde der
Grundstein zur jetzigen Kirche gelegt, 1913 konnte die neue Kirche nach einer
unvergleichlich kurzen Bauzeit schon konsekriert werden.51 Ludwig Becker hat einen
breit gelagerten, mit Korbbögen und Stichkappentonne gewölbten Raum konzipiert,
bei dem die ebenfalls durch Korbbögen geschiedenen Seitenschiffe niedrig gehalten
sind. Das nur wenig ausladende Querschiff besteht aus zwei Jochen mit hohen Bögen
und je einem schlanken Zwischenpfeiler (= „zweischiffig“ in der Querachse). Dieses
Raumsystem erlaubt es, mehr Gläubige in der Nähe von Altar und Kanzel zu
versammeln und durch die Höhe der Gewölbe am Erlebnis des Gesamtraumes zu
beteiligen. - Der Baukörper bindet sich mit seiner breiten Turmfront in die Bebauung
48 Festschrift 150 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Saarlouis. 1967. - Klewitz (wie
Anm. 7), S. 255. - Dehio, S. 907.
49 Klewitz (wie Anm. 7), S. 256.
50 Handbuch (wie Anm. 3), S. 840. - H. Kuhn, Geschichte der Kirche und Pfarrei Völklingen,
in: Festschrift anläßlich der Restaurierung der St. Eligius-Kirche Völklingen. Hg.: Katholische
Kirchengemeinde St. Eligius Völklingen 1973, S. 89-91.
51 Kuhn (wie Anm. 50), S. 110-113. - Ronig (wie Anm. 30), S. 258-260, Abb. 91 f. - Dehio,
S. 1098 f.
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