Oberdeutsch gilt Binse f. als Pflanzenname für alle Juncus- und Scirpus-
arten: Schweiz, bes f. ,Binse* hat sich aus Binse entwickelt und setzt damit
Biese nicht fort (SchweizId 4, 1411 f.); vgl. die lautliche Parallele Schweiz.
zins > zes. Schwäbisch bis ist ähnlich zu erklären (SchwäbWb 1, 1124f.).
D. Mit Biese(n) gebildete Flurnamen sind im Saar-Mosel-Raum ab dem 15.
Jahrhundert nachweisbar. Das Lemma kommt als Simplex sowie in Kom¬
posita als Bestimmungs- oder auch Grundwort vor. Biese wird in den Flur¬
namen meistens im Plural (Biesen) verwendet, das Genus ist stets feminin. In
den moselfränkischen Landkreisen und Kantonen Saarlouis, Merzig-Wadern,
Boulay-Moselle / Bolchen, Bouzonville / Busendorf, Sierck-les-Bains und
Cattenom / Kattenhofen zeigen die mit ['beizo-] transkribierten Mundartbele¬
ge den auf mhd. /ie/ zurückzuführenden sogenannten gestürzten Diphthong
/ei/. Die Variante Beisemswiisen ['beizamsvbzn] in Weierweiler (Lkr. Merzig-
Wadern) zeigt außerdem Labialisierung des Nasals. Im moselfränkischen Lkr.
Saarlouis (Kerprich) zeigen die mit ['be:zo] transkribierten Mundartbelege
Senkung des Stammvokals /i/ > /e/. Die Variante, die im Untersuchungsraum
am meisten vertreten ist, ist Biese(n). Vereinzelt gilt mundartlich Binse bzw.
mit Senkung Bense(n), was wahrscheinlich auf einen Prozess des analogi¬
schen Ausgleichs zurückzutiihren ist.40 Das Kartenbild (vgl. Abb. 5) zeigt,
dass das Lemma fast überall (außer in den sogenannten Keilen) verbreitet ist:
Es zeichnen sich Häufungen in den Gebieten an Obermosel, unterer Saar bis
zur Nied und Rossel, Prims und oberer Blies ab. Diese Gebiete zeigen nördli¬
chen Anschluss an das Luxemburger Gutland und das Trierer Land und enge
Verbindungen zum Hunsrück. Eine Ausstrahlung von Biesen-Belegen ist
südwestlich im Flurnamenraum zwischen Rossel und Saar zu verzeichnen.
Die Variante mit epithetischem t [beijdn] und [bi:Jt]41 ist im moselfränkischen
Lkr. Saarlouis und im unmittelbar an den Hunsrück anschließenden rheinfrän¬
kischen Lkr. St. Wendel belegt. Zu Flurnamenbildungen im Saar-Mosel-
Raum, die ein sogenanntes epithetisches t aufweisen, vgl. Dellt f. .Bodensen¬
ke im Gelände, Tal; Vertiefung; Beule in einem Gegenstand4 (Namenartikel
Nr. 7)42
40 Unser Untersuchungsraum gehört zum Gebiet des Nasalschwundes vor folgender
dentaler Spirans mit Ersatzdehnung des vorausgehenden Vokals, wobei heute die n-
losen Formen innerhalb unseres Untersuchungsraums auf die nordwestlichen, mo¬
selfränkischen Teile beschränkt sind (Will 1932, 47 Abb. 17; Pitz 1997, 902ff.;
DSA Karte 39). Es ist nicht auszuschließen, dass die «-losen Formen Biese(n) im
nordwestlichen, moselfränkischen Gebiet des Untersuchungsraums hie und da auf
Binse - mhd. binez, binz f., ahd. binuz m. - zurückzuführen sind.
41 Es könnte hier allerdings auch ein Kollektiv zu Pflanzennamen auf -t (nhd. -icht)
vorliegen (weitere Belege für den Untersuchungsraum bei Schorr 1993, 4).
42 Bf.haghel 1928, 379f.; Moser 1971, § 125 und 160; Schorr 1993, 5ff. : Im Unter¬
suchungsraum lassen sich weitere Flurnamen nennen, die zu dieser Gruppe gehö¬
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