Verbreitung von Namenwörtem findet sich an der mittelhessischen Namen¬
scheide häufig: Als Beispiele für Wörter, die hier ihre Südgrenze haben, nennt
RAMGE Hute, Koppe, Leite ,Hang‘ und Gemeine ,Gemeinland, Allmende1
sowie das in Hessen relativ junge Rasen; Wörter, die hier ihre Nordgrenze ha¬
ben, seien Aduch ,Abflußgraben, aquaeductus1 und Mark sowie Namenvarian¬
ten wie Bangert ,Baumgarten\ Wingert ,Weingarten1 und das Lehnwort Kap¬
pes ,(Weiß-) Krauf. Weiter weist Ramge daraufhin, dass die mittelhessische
Namenscheide (neben anderen Namenschranken) eine wichtige Rolle für die
rezente Gliederung des Wortschatzes spielt (ebd., 52) und aus dialektgeogra¬
phischer Sicht in ihrem Verlauf Ähnlichkeit mit der Trennung zwischen dem
Zentralhessischen und dem Osthessischen hat (ebd., 47).
Wie das Beispiel der mittelhessischen Namenscheide deutlich macht, las¬
sen sich mit Hilfe der Flurnamengeographie innerhalb eines untersuchten Ge¬
bietes Flurnamenräume charakterisieren, die Rückschlüsse auf die historische
Wortgeographie zulassen und dadurch einen Beitrag zur regionalen und über¬
regionalen Sprachgeschichte leisten und die ferner in Zusammenhängen mit
der Landschaftsgliederung sowie mit historischen Raumbildungen stehen
können. Für den Untersuchungsraum der hier vorliegenden Studie hat Andreas
SCHORR in einem Aufsatz mit dem Titel ,Saarländisch-lothringische Flurna-
menräume‘>l() den Versuch unternommen, mit den Methoden der Flurnamen¬
geographie im Saar-Mosel-Raum Namenräume zu definieren und diese dann
einerseits in sprach- und wortgeographische Zusammenhänge zu stellen, ande¬
rerseits aber auch mit der naturräumlichen Gliederung und der historischen
Raumbildung zu verbinden/11 Materialbasis waren, wie auch bei der hier vor-
5111 Schorr 2000. Die Thematik wurde nochmals behandelt in Pitz/Schorr 2003, 87-93.
'!l Schon früher wurde eine wortgeographische Studie zum mittleren Saarland in 45
saarländischen Gemeinden im Raum Rehlingen/Dillingen, Lebach, Rohrbach, Saar¬
brücken durchgeführt, die durch Befragung von Gewährspersonen und, um auch die
Diachronie zu berücksichtigen, unter Heranziehung der Materialien des Deutschen
Wortatlasses wortgeographische Landschaften charakterisiert hat, deren Interpreta¬
tion zu folgendem Ergebnis führte (GlGOUT 1983, 144f.): „Die Darstellung hat ge¬
zeigt, daß das Untersuchungsgebiet die typischen sprachlichen Erscheinungsformen
eines Übergangsgebietes, wie Kontaminationsformen, Bedeutungsdifferenzierungen
bzw. Ausweichen auf ein drittes Wort, aufweist. Die Ergebnisse machen gleichfalls
deutlich, daß politisch-territoriale Grenzen der Vergangenheit bis heute auch in der
Wortgeographie nachwirken und gerade dadurch festgefügte Wortlandschaften er¬
halten bleiben.“ Große Verschiebungen im Wortschatz haben dort stattgefunden,
wo auch die Ergebnisse des DWA eine gewisse Unsicherheit erkennen ließen. Die
Veränderungen seien meist nicht gravierend; keine der im DWA ermittelten Be¬
zeichnungen sei ganz verschwunden, einige aber gelten als veraltet und gehören nur
noch dem passiven Wortschatz an. Die wachsende Mobilität der Bevölkerung, die
Ausstrahlungskraft des Oberzentrums Saarbrücken etc. haben nicht zu großen Ver¬
änderungen geführt, die von Wilhelm Will erwartete Bildung einer saarländischen
Einheitssprache liege noch in weiter Feme, so Gigout.
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