sich konstatieren, daß die in den Saarausschuß delegierten Vertreter in ihrer Mehr¬
zahl zugleich entsprechenden Parlamentsausschüssen angehörten. Immerhin vier
Mitglieder des Ausschusses stiegen zu Reichsministern auf’8. Weniger spekulativ ist
der Nutzen, den der Bund in seiner Außendarstellung aus der Existenz des Aus¬
schusses zog: Gegenüber privaten und öffentlichen Geldgebern konnte er darauf
verweisen, von den zuständigen Parlamenten und den dort repräsentierten Parteien
als Kooperationspartner akzeptiert zu sein. Aus diesem Grund erneuerte die Ge¬
schäftsstelle „Saar-Verein“ regelmäßig nach Wahlen die Bitte an die Fraktionen,
Vertreter zu nominieren* 69 70. Während die Parlamentarier der KPD auch hier, wie in
nahezu allen Rundschreiben, übergangen wurden, war die NSDAP erst nach ihrem
Erdrutschsieg in der Septemberwahl 1930 mit je einem Mitglied aus Reichstag und
Landtag im interfraktionellen Saarausschuß vertreten711. Die einzige inhaltlich begrün¬
dete Absage erhielt die Geschäftsstelle im Januar 1933 von der Reichstagsfraktion
der SPD, die ihre Beteiligung am interfraktionellen Ausschuß als überflüssig bezeich-
nete, weil sie durch eigene Sachbearbeiter auch in Saarfragen auf dem laufenden
sei71 72. Infolge der Auflösung des gerade erst zusammengetretenen Reichstags nach der
Ernennung Hitlers zum Reichskanzler verzichtete Vogel auf eine Stellungnahme
seitens der Geschäftsstelle „Saar-Verein“. Die Selbstentmachtung des Reichstages im
Frühjahr 1933 und die nachfolgende Gleichschaltung der Länder besiegelte schlie߬
lich das Ende des interfraktionellen Saarausschusses.
2.5 Ortsgruppen des Bundes der Saarvereine
2.5.1 Mitgliederentwicklung des Bundes der Saarvereine
Auf lokaler Ebene bildeten die Saarländervereinigungen den organisatorischen
Unterbau des Bundes. Gemäß ihrer Satzungen und aufgrund eigener Kassenführung
waren sie selbständige, rechtsfähige Vereinigungen 7, deren Autonomiestreben den
Interessen der Berliner Zentrale in der Regel entgegenlief. So sehr Vogel nach außen
auch die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Ortsgruppen betonte, so wenig
wünschte er tatsächlich eigenmächtige Initiativen der Ableger. Im Gegensatz zur
№ Siehe Übersicht der Mitglieder des interfraktionellen Saarausschusses im Anhang, Dok. 8. Der Sozial¬
demokrat Wilhelm Sollmann (1881-1951) amtierte während der beiden Kabinette Stresemann (August
-November 1923) als Innenminister, Johannes Becker (1869-1951) von der DVP hatte im Kabinett
Cuno das Amt des Wirtschaftsministers inne, während sein Parteifreund Prof, Dr. Paul Moldenhauer
(1876-1947) unter Müller und Brüning 21 Monate lang Finanzminister war. Prof. Dr. Johann Victor
Bredt (Wirtschaftspartei, 1879-1940) bekleidete im ersten Präsidialkabinett Brüning das Amt des
Justizministers. Der badische Staatspräsident (1924-1926) Willy Hellpach (1877-1955) gab zwar nur
ein kurzes parlamentarisches Gastspiel, trat aber im Jahr 1925 als Kandidat der DDP bei den Reichsprä¬
sidentschaftswahlen an.
69 Vgl. beispielsweise Rundschreiben der GSV an die Reichstags- und Landtagsfraktionen (16.02.25 und
16.07.28. in: BA-R 8014/887 bzw, 14.06.32 und 23.11.32, in: BA-R 8014/698).
70 Vgl. Briefe der GSV an MdR Franz Stöhr und MdL Heinz Haake (10.12.30), in: BA-R 8014/887.
1 Vgl. Brief der Reichstagsfraktion der SPD an die GSV (28.01.33), in: BA-R 8014/698.
72 Vgl. die zeitgenössische juristische Auffassung über Ortsgruppen bei BÄREND, S. 12.
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