wurde84. Der anonyme Autor war bemüht, die Schwächen und Fehler des Statuts
nachzuweisen, welche aus dem alliierten Entwurf resultierenten: teilweise erfüllten
sich seine Prognosen in den kommenden Jahren.
Insgesamt nahm der Saargebietsschutz eine ambivalente Haltung zum Friedensvertrag
und Saarstatut ein: Konstruktiv ergriff er auf der einen Seite mit seinen Denkschriften
selbst die Initiative zur Revision der drückendsten Bestimmungen85, vermittelte
saarländischen Abordnungen Audienzen bei reichsdeutschen Behörden und erreichte,
daß der Berliner Unterausschuß eine Erklärung Theodor Vogels in sein Votum
aufnahm86. Auf der anderen Seite lehnte die Saarheimatorganisation öffentlichkeits¬
wirksam die Unterzeichnung des „Raubfriedens“ ab. weil er Deutschland zerstückele
und auf Generationen unterjoche. Eine gemeinsame Entschließung des Saargebiets¬
schutzes, des „Deutschen Schutzbundes“, des „Reichsverbandes Ostschutz“, des
„Hilfsbunds für Elsaß-Lothringer“, des „Pfälzerhilfsbundes“ und des „Deutschen
Ausschusses für Schleswig“ erhob daher die Wahrung der nationalen Ehre zur
Maxime politischen Handelns: „Lieber tot, als ehrlos in Sklaverei und unter Fremd¬
herrschaft.“87
In einem Rundschreiben, das einen Tag vor Unterzeichnung des „Schmachfriedens“
in Versailles versandt wurde, stellte der Saargebietsschutz resigniert fest, daß auch
seine fünfmonatige Propagandaarbeit dem Saargebiet das nun drohende Schicksal
nicht hatte ersparen können. Doch wie schon die Saarbrücker Bürgerschaft ein
Jahrhundert zuvor wolle er nicht müde werden in seinem Bestreben, den deutschen
Charakter der Saarheimat, deren deutsche Sprache und deutsche Gesinnung zu
pflegen und zu verteidigen. An den im unbesetzten Deutschland wohnenden Saarlän¬
dern werde es nun liegen, die Brüder und Schwestern an der Saar zu unterstützen.
Hierzu schien ein fester Zusammenschluß der rechtsrheinischen Landsleute und aller
Freunde der Saar dringend geboten88 89.
Die Auflösung des Büros des Saargebietsschutzes war schon am 8. Juni 1919 be¬
schlossen worden*lJ; seine Akten, Druckschriften, Kassenbücher und Belege wurden
einem Berliner Bankhaus versiegelt übergeben. Erst nach Rückgliederung des Saar¬
84 Vgl. „Das Saargebiet in den durch den vorgeschlagenen Vorfrieden geschaffenen Verhältnissen“ und
Brief Flemmings an die Deutsche Friedensdelegation (27.05.19), in: PA AA. Ia Friedensdelegation
Paris/ Versailles. R 22.536.
85 Nach SF 10 (1929) 7, S. 131 hatte der SGS als Erwiderung auf den alliierten Entwurf ein eigenes
Saarstatut ausgearbeitet, das zwar die Zustimmung der saarländischen Abgeordneten fand, sich aber
nicht durchsetzen konnte. Allerdings ließ sich ein derartiges Alternativkonzept weder in den Akten des
AA noch des BdS finden.
86 Vgl. SF 10(1929)4, S. 68.
87 Undatierte Entschließung, in: BA-R 8014/973. Derartige patriotische Zusammenschlüsse und nationali¬
stische Vereinigungen der Grenzlanddeutschen waren in der Umbruchsphase 1918/19 wie Pilze aus
dem Boden geschossen. Siehe hierzu das von Dieter FRICKE herausgegebene vierbändige Lexikon zur
Parteiengeschichte.
88 Vgl. Rundschreiben des SGS „an unsere Landsleute!“ (27.06.19), in: StA Frankfurt, S 2086.
89 Vgl. SF 10(1929)4. S. 69; Rundschreiben Vogels (19.07.19), in: BA-R 8014/9.
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