Zusammenfassung der Ergebnisse
Auf dem Fundament eines stetig wachsenden Ortsgruppennetzes im Deutschen
Reich, mit Verbindungsmännern im Saargebiet und in enger Kooperation mit Lands¬
mannschaften, vaterländischen Verbänden und Vereinigungen sowie in kontinuierli¬
chem. wenn auch phasenweise konfliktträchtigem Kontakt zu Staats- und Regie¬
rungsbehörden, nahmen Bund und Berliner Geschäftsstelle ..Saar-Verein“ Funktio¬
nen wahr, welche die amtliche deutsche Politik oftmals nicht austiben wollte oder
konnte. Das durch den Bund vermittelte Gedankengut, ein Konglomerat revisionisti¬
scher, national-großdeutscher, stellenweise nationalistischer und latent antisemiti¬
scher Ideen, schlug sich in zahlreichen Druckschriften, Zeitungsbeiträgen sowie in
(Massen-)Kundgebungen nieder. Während der Weimarer Republik fanden die
Saarvereine kaum die selbst geforderte Anerkennung. Erst infolge der nationalsoziali¬
stischen „Machtergreifung“ erlebten sie den Höhepunkt ihrer Bedeutung, zugleich
aber auch das Ende ihrer Selbständigkeit und der bislang nach außen propagierten
parteipolitischen Neutralität. Aus unterschiedlichen Motiven ließen sich die bis dahin
dem Nationalsozialismus fernstehenden „Saar-Freunde“ allzu gerne in den Dienst der
Abstimmungspropaganda einspannen. Die braunen Machthaber ihrerseits konnten
zur Erfassung und Mobilisierung der Wähler auf jahrelang bewährte Strukturen
zurückgreifen und so das Referendum des 13. Januar 1935 als einen der ersten
außenpolitischen Erfolge des „erwachten Deutschland“ verbuchen.
Auf Initiative saarländischer Industrieller und mit massiver Unterstützung des
preußischen Staates gründete sich in Berlin noch während der alliierten Verhand¬
lungen in Versailles eine formal private Abwehrorganisation mit dem programmati¬
schen Namen „Saargebietsschutz“. Während ihrer viermonatigen Tätigkeit rief die
Vorläuferin der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ die reichsdeutsche Bevölkerung zu
Solidaritätsbekundungen zugunsten des von französischer Annexion bedrohten
Saarbeckens auf, agitierte gegen gerüchteweise aus Versailles bekanntgewordene
Vertragsbestimmungen und beeinflußte in den Wochen vor Unterzeichnung des
Friedensvertrages die deutsche Delegation ebenso wie die in Weimar tagende Na¬
tionalversammlung. Auf der Vorarbeit und den frühen Kontakten des Saargebiets¬
schutzes baute die Propaganda des Bundes der Saarvereine auf, der gleichermaßen
konspirativ arbeitete, wie er sich auch an eine breite Öffentlichkeit jenseits der neuen
Saargebietsgrenzen richtete.
Herzstück der privat organisierten Saarpropaganda zwischen 1919 und 1935 war die
in Berlin ansässige Geschäftsstelle „Saar-Verein“ unter der Leitung des ausgewiese¬
nen Saarbrücker Bergwerksdirektionssekretärs Theodor Vogel. Der monarchisch
gesinnte, national-liberale Protestant sorgte für den Auf- und stetigen Ausbau der
Organisation, deren lokale Ableger sich im Herbst 1920 zum Bund der Saarvereine
zusammenschlossen. Namhafte Persönlichkeiten der Weimarer Republik engagierten
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