Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

Weiteres Konfliktpotential erwuchs in der Schulfrage, da § 14 des Saarstatuts dem 
französischen Staat das Recht einräumte, Primärschulen und technische Schulen für 
das Grubenpersonal und dessen Kinder zu gründen und zu unterhalten. Der Unter¬ 
richt durfte nach einem speziellen Lehrplan in französischer Sprache erteilt werden. 
Sukzessiv wurde der Adressatenkreis der französischen Schulen ausgeweitet, bis die 
Regierungskommission schließlich am 10. Juli 1920 verfügte, daß auch die Kinder 
des nichtfranzösischen Personals ihrer Schulpflicht auf den Domanialschulen genü¬ 
gen konnten und selbst Eltern, die nicht zum Personal der Administration des Mines 
gehörten, ihre Kinder auf die französischen Lehranstalten schicken durften1"9. Somit 
konkurrierten während der Völkerbundsjahre zwei verschiedene Schulsysteme an der 
Saar miteinander: Die bisherige deutsche Schule, welche in Vertretung Bayerns und 
Preußens der Regierungskommission unterstand, und die französische Schule unter 
Leitung des „Service de l'enseignement“ der Grubenverwaltung. Aus heutiger Sicht 
eine Selbstverständlichkeit, war die Entscheidung, im Frühjahr 1922 auch an deut¬ 
schen Schulen fakultativen Französischunterricht einzuführen, für viele Saarländer 
eine Zumutung, ln dieser frühen Phase setzten die Franzosen noch große Hoffnungen 
darauf, daß die zweisprachig erzogenen und französisch geprägten jungen Erwachse¬ 
nen nach der 15jährigen Übergangsphase für den Anschluß an Frankreich votieren 
würden. 
Das Deutsche Reich hatte zugunsten des Völkerbundes auf die Regierungsbefugnisse 
im Saargebiet zu verzichten (Art. 49), die einem fünfköpfigen Gremium mit Sitz im 
Saargebiet übertragen wurden. Neben einem Franzosen und einem „membre non 
français, originaire et habitant du territoire du Bassin de la Sarre“ sollten dem Aus¬ 
schuß drei weitere Mitglieder angehören (§§ 16-19)"°. Rasch setzte sich für das 
Gremium, das mit Stimmenmehrheit entschied und dessen Mandat jährlich vom 
Völkerbundsrat bestätigt werden mußte, die Bezeichnung „Regierungskommission“ 
durch. Alle Gesetze und Verordnungen, die im Bereich des Saargebiets vor dem 11. 
November 1918 in Kraft waren, wurden mit Ausnahme der aufgrund des Kriegs¬ 
zustands getroffenen Bestimmungen bestätigt. Vor der Verabschiedung neuer Ver¬ 
ordnungen und ebenso vor der Erhebung weiterer Abgaben und Steuern mußten die 
109 Vgl. Weißbuch, Dok. 194-199. S. 312-319; BUNGERT/ MALLMANN: Die Domanialschulen; VOGT. 
Vgl. zur französischen Position: BOURSON, S. 119-130. 
110 Diese drei weiteren Mitglieder durften weder die deutsche noch die französische Nationalität besitzen. 
In den 15 Jahren der Völkerbundsverwaltung arbeiteten insgesamt je zwei Kanadier und Briten sowie 
ein Däne, ein Belgier, ein Tschechoslowake, ein Jugoslawe, ein Spanier und ein Finne in der Reko: 
Vgl. ZENNER: Parteien und Politik, S. 420-^123. Die Kommission tagte gewöhnlich zweimal wö¬ 
chentlich und verfaßte vierteljährliche Berichte an den Völkerbundsrat, welche im Amtsblatt des 
Völkerbundes veröffentlicht wurden: Vgl. Procès-Verbaux de la Commission de Gouvernement de la 
Sarre, in: LA Saarbrücken, NL Koßmann 1^-6; JO 1 (1920) - 16 (1935). Vgl. allgemein: GROTEN: 
Das Regierungssystem an der Saar. S. 113-157; HIRSCH: Saar von Genf, S. 51-54 und S. 65-91 ; 
Westhoff. 
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