Zuschauern stärker in Erinnerung, als es die sachliche Erörterung politischer, kultu¬
reller und wirtschaftlicher Aspekte der Saarfrage vermochten. Nachdem mit emo¬
tionssteigernden visuellen und auditiven Eindrücken einer positiven Grund-stimmung
der Boden bereitet worden war, konnte eine größere Akzeptanz des von diesen
Tagungen ausgehenden Appells erwartet werden; beeindruckt von dem dargebotenen
Schauspiel wurde auch bei bisher der Saarproblematik fernstehenden Besuchern
Interesse geweckt.
4.6 Bildpropaganda
Bilder und visuelle Reize mit propagandistischem Hintergrund bleiben im direkten
Vergleich zu gelesenen oder gehörten Texten länger im Gedächtnis haften. Sie zielen
auf das Unterbewußtsein des Betrachters ab und versuchen, bei diesem verborgene
Wünsche zu wecken, Bedürfnisse zu befriedigen sowie bestehende (Vor-)Urteile und
Ängste aufzugreifen. Ihre Botschaften blenden meist rationale Argumente gegenüber
emotionalen Wahrnehmungen aus. Während Texte den Vorzug besitzen, Unklarhei¬
ten durch ergänzende Erläuterungen beseitigen zu können, müssen die Aussagen der
Bilder so eindeutig sein, daß der visuelle Code vom Betrachter unmittelbarerfaßt und
verstanden wird. Dies gilt insbesondere für die Plakatpropaganda, deren Stärke darin
besteht, daß sich ihr der vorbeigehende Passant bei entsprechend massenhafter
Verbreitung kaum entziehen kann1’’9. Der Besuch einer Vortragsveranstaltung oder
das Lesen eines Artikels in der Presse setzt ein Mindestmaß an Interesse voraus;
Plakate drängen sich mit ihrer „Haftwirkung“ hingegen selbst denjenigen auf, die mit
der transportierten Aussage nicht übereinstimmen.
Obwohl die verantwortlichen Kräfte in der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ von der
Wirkung bildhafter Propaganda wußten, kam Plakaten und Karikaturen nur eine
marginale Bedeutung zu. Erst in der Endphase der Weimarer Republik gingen sie
dazu über, für die Saar reichsweit zu plakatieren, sahen sich aber bald zu Hand¬
langern der Nationalsozialisten degradiert. Die wenigen Einzelstücke der Bildpropa¬
ganda sind es dennoch wert, vorgestellt zu werden.
Illustrationen in den Publikationen des Saarvereins beschränkten sich fast ausschlie߬
lich auf die Wiedergabe von Portraits verdienter Mitarbeiter, von landschaftlichen
und industriellen Motiven sowie bekannten Bauwerken. Zwar wurden die Sonder¬
nummern des „Saar-Freund“ anläßlich der Bundestagungen besonders gestaltet, doch
fehlten der Geschäftsstelle Zeichner und Graphiker, welche die jeweils aktuellen
Propagandathemen in pointierter Form hätten zuspitzen können. Insgesamt finden
sich in den 16 Jahrgängen nur zwei Karikaturen, die allerdings keine konkreten
Personen darstellten, sondern in dem einen Fall die offene Grenze nach Frankreich
159 Schon 1930 waren im Reichsgebiet 31.000 vermietbare Plakatanschlagflächen vorhanden, davon etwa
10% in der Reichshauptstadt. Vgl. Paul: Aufstand der Bilder, S. 150; Wolbert.
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