daran gelegen haben, daß die saarländischen Parteien bereits regelmäßig Vertreter zu
den Völkerbundstagungen entsandten und eine stärkere Initiative der Berliner Zen¬
trale den propagandistischen Wert der Delegationen geschmälert hätte. Darüber
hinaus hätte die Berliner Wilhelmstraße vermutlich wenig Verständnis für ein Enga¬
gement der Geschäftsstelle auf dem Genfer Parkett aufgebracht.
Die Gleichschaltung des Bundes wurde weder in Saarbrücken, noch Genf oder Paris
als wichtig erachtet. Die Saarpolitik der neuen nationalsozialistischen Reichsregie¬
rung ließ das Interesse an den internen Auseinandersetzungen der meist als lästig
empfundenen Organisation noch weiter erlahmen, was dazu führte, daß die französi¬
schen Vertreter in Deutschland nur unzureichend über den veränderten Bund der
Saarvereine instruiert worden waren* 494. Während die Jahrestagungen sonst regel¬
mäßig Anlaß boten, sich erneut mit dem Verein zu beschäftigen, schien die Statisten¬
rolle, welche er auf den beiden großen Saarkundgebungen in Rüdesheim und Ko¬
blenz noch einnahm, diese Ignoranz zu rechtfertigen.
Ohnehin rückte für die Franzosen in den letzten Monaten vor der Abstimmung
stärker die Frage in den Vordergrund, wie sie der deutschen Saarpropaganda inhalt¬
lich und organisatorisch entgegentreten sollten. Mit der „Association Française de la
Sarre“ und der „Union Franco-Sarroise“ unterstützten sie Vereinigungen, die in ihrer
Struktur dem reichsdeutschen Bund der Saarvereine ähnelten495.
3,4 Zusammenfassung
Ähnlich wie schon der Saargebietsschutz agierte auch die Geschäftsstelle „Saar-
Verein“ stets auf zwei Ebenen: Während sie als Veranstalterin von Saarkundgebun¬
gen und Saarvorträgen die Öffentlichkeit suchte, unzählige Artikel publizierte und
bemüht war, als zentrale Anlaufstation in Saarangelegenheiten bekannt zu werden,
war sie auf der anderen Seite zunächst neben, ab Jahresanfang 1920 im Auftrag und
auf Rechnung der RfH verdeckt tätig. Wie viele andere private Organisationen der
Deutschtumspflege füllte der Bund der Saarvereine während der Weimarer Republik
eine Nischenfunktion aus. Er wurde-oftmals gegen den Willen der verantwortlichen
Ministerien - in Bereichen aktiv, in welchen offizielle Vertreter der Reichsregierung
aus außenpolitischen Erwägungen Zurückhaltung üben mußten. Ab Mitte der zwanzi¬
ger Jahre war der Saarverein in das System der offiziösen Saarpolitik integriert, wie
es von seiten der RfH/ RVP und des Auswärtigen Amtes betrieben wurde. Trotz
mehrfacher Anläufe scheiterten allerdings die Versuche, dem Bund ein generelles
Mitspracherecht in Saarangelegenheiten einzuräumen, am Widerstand der zuständi¬
28.03.28), in: Arch. SDN 28-32, Sous-Section Saar Basin, R 1926/2541.
494 Nach Ansicht des französischen Generalkonsuls Hamburg (vgl. Brief an die französische Botschaft
Berlin (17.05.34), in: C.A.D.N., Amb. Berlin B 671} stand er unter der gemeinsamen Kontrolle des
Vizekanzler von Papen sowie des RMPropaganda. Zwar erkannte Maurice Saugon, daß Staatsrat
Simon eine bedeutende Rolle spielte, benannte ihn allerdings nicht als Vorsitzenden.
495 Siehe hierzu Teil II, Kap, 3.3.
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