Mit dem Scheitern der Verhandlungen kehrte die Geschäftsstelle „Saar-Verein“
wieder zu ihrer Fundamentalopposition und Polemik450 vergangener Jahre zurück.
Das SchluBkommuniqué vom 6. Juli 1930 wertete sie als Startsignal für die Intensi¬
vierung ihrer Propaganda: Der Redaktion des „Saar-Freund“ stellte sie zu diesem
Zweck einen Presseausschuß zur Seite, sie weitete die bisherigen Vortragsveranstal¬
tungen aus, und erstmals seit Jahren beschäftigte sich die Vereinigung wieder mit den
organisatorischen Vorbereitungen zur Erfassung der Saarabstimmungsberechtigten451.
Zugleich galt es im nun einsetzenden „Endkampf um die Deutscherhaltung des
Saargebiets“452, die Behörden davon zu überzeugen, daß die Mitarbeit der Berliner
Geschäftsstelle aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung unentbehrlich sei453. Wenn in
den folgenden Jahren von seiten des Bundes noch von einer Verständigung mit
Frankreich die Rede war, handelte es sich meist um Lippenbekenntnisse, in welchen
der gegenwärtige Stand der Saarfrage im „Saar-Freund“ beleuchtet wurde454.
Den Bemühungen der verschiedenen Organisationen, die sich für die deutsch-franzö¬
sische Aussöhnung stark machten, brachte die Geschäftsstelle „Saar-Verein“ nur
insofern Verständnis entgegen, wie sich diese Vereinigungen für die eigenen Ziele
als nützlich erwiesen. So bezog Vogel über das „Deutsch-Französische Studienko¬
mitee“ (Mayrisch-Komitee) schon Ende Juni 1928 die Statuten der kurz zuvor
gegründeten „Association Française de la Sarre“455. Die Kontakte zu den Pariser und
Berl iner Büros des Komitees waren al lerdings nur von kurzer Dauer. Ähnlich verhielt
es sich mit der 1927 ins Leben gerufenen „Deutsch-Französischen Gesellschaft“, die
satzungsgemäß das Verständnis für Frankreich in Deutschland heben und vertiefen
wollte. Mitte 1930 wurde Andres die Mitgliedschaft angetragen; ob sein Beitritt
schließlich erfolgte, ließ sich aus dem Schriftwechsel nicht erkennen, ist aber kaum
anzunehmen456 - im „Saar-Freund“ sucht man jedenfalls vergeblich nach Berichten
23, S. 419 f.; SF 12 (1931)3, S. 33 f.; SF 12 (1931) 6, S. 81 f.; VOGEL: Das deutsche Saargebiet, S.
31 ff.
450 Vgl. SF 11 (1930) 19, 355 f.
451 Siehe hierzu: Kap. 3.1.3.
452 Vgl. SF 11 (1930) 23, S. 419. Ähnliche Formulierungen tauchten fortan regelmäßig auf, beispiels¬
weise in SF 12(1931) 13/14, S. 193.
454 Vgl. Brief der GSV an die Reichskanzlei (Januar 1932), in: BA-R 43-1/252. Vgl. ebenso: Brief der
GSV an das AA (15.07.30), in: PA AA, II a Saargebiet, R 76.093; Jahresbericht 1931, S. 5 f.; SF 11
(1930) 19, S. 352.
454 Vgl. SF 12(1931) 15/16, S. 249 f.;SF 12(1931) 15/16, S. 269; SF 12 (1931) 17, S. 287-290.
455 Vgl. Schriftwechsel zwischen GSV und Dr. Elvers (24.05.28, 25.06.28 und 30.06.28), in: BA-R
8014/881. Das Komitee war Ende Mai 1926 auf Anregung Emil Mayrischs im Einvernehmen mit
beiden Regierungen in Luxemburg gegründet worden. Vgl. Tätigkeitsbericht des Studienkomitees, in:
BA-R 8014/882. Zum korporativen Beitritt konnte sich das Komitee zwar nicht entscheiden, erbat
aber die Zusendung des SF: Vgl. Brief Dr. Jessens an die GSV (23.02.28), in: BA-R 8014/725.
456 Vgl. BA-R 8014/882. Vor einer Entscheidung erbat Vogel in Namen des Bundes eine Stellungnahme
zur gegenwärtigen Einschätzung der Saarfrage. Sein Mißtrauen gegenüber dem führenden Kopf der
Gesellschaft, Dr. Otto Grautoff, hatte er bereits Jahre zuvor zum Ausdruck gebracht, als er dem
angesehenen Frankreichpublizisten mangelndes „nationales Empfinden“ unterstellte: Vgl. SF 5 (1924)
10, S. 147 f. Zu den beiden erwähnten Organisationen vgl.: BOCK: Die deutsch-französische Gesell¬
schaft 1926 bis 1934; DF.RS.: Zwischen Locarno und Vichy, S. 42^18; L’Huillier.
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