sabotieren. War bereits der Saargebietsschutz im Frühjahr 1919 mit dem Vorhaben
auf den Plan getreten, der französischen Publizistik entgegenzuwirken und das durch
Ausweisungen, Zensur sowie Papierkontigentierung hervorgerufene Informations¬
monopol zu beseitigen, so rechtfertigte im Sommer die junge Geschäftsstelle „Saar-
Verein“ den Aufbau ihrer Presseabteilung ebenfalls mit dem Hinweis auf die anson¬
sten kaum zu verhindernde französische Meinungshoheit. Konkreter Anlaß war die
Gründung des zweisprachigen „Neuen Saar-Kuriers/ Le Nouveau Courrier de la
Sarre“ Mitte Juni 1919, ein Abendblatt mit einer anfänglichen Auflage von etwa
3.000-4.000 Exemplaren, das vor allem im Großraum Saarbrücken Verbreitung fand.
Als halbamtliches Organ der französisch dominierten Regierungskommission’74
verteidigte es deren umstrittene Maßnahmen wie die Einführung des Francs oder die
Ausweitung des französischen Sprachunterrichts, wobei es zugleich suggerierte, daß
das Saargebiet eine zweisprachige Region sei'75.
Inhaltlich fand die publizistische Auseinandersetzung zwischen dem Kurier und dem
Berliner „Saar-Freund“ auf niedrigem Niveau statt. Während das von Viktor Weber
redigierte achtseitige Blatt nicht müde wurde, auf die nationalistischen Ambitionen
und den beschränkten politischen Horizont der Saarvereinsprotagonisten hinzuwei¬
sen. deren Engagement für die Aufrechterhaltung der deutschen Gesinnung als von
Berlin ferngesteuerte, unverantwortliche Agitation gegen die deutsch-französische
Aussöhnung brandmarkte und Enthüllungen über den Heimatdienst breiten Raum
bot ’76, diskreditierte das Bundesorgan der Saarvereine derartige Äußerungen mit dem
Hinweis auf die Finanzspritzen aus Paris als plumpe französische Propaganda.
Anstelle einer wirklichen Beschäftigung mit den Positionen der französischen
Propaganda konzentrierte sich der „Saar-Freund“ darauf, die Mitarbeiter des Kurier
als „Lumpengarde“ oder „personifizierte Schmach deutscher Gesinnungslumperei“
zu diffamieren, deutsche Inserenten bloßzustellen und abfällige Bemerkungen
gegenüber der deutschen Regierung und Staatsorganen zu kommentieren ’77. Vogel
beobachtete das „undeutsche“ Blatt allerdings sehr genau, wußte beispielsweise über
die exakte Summe der Pariser Subventionen zu berichten57*, unternahm aber nur in
Ausnahmefällen die Gratwanderung, auf Anschuldigungen zu reagieren und ihnen
dadurch Bedeutung beizumessen'79.
374 Selbst französische Blätter wie „L’Eclair“ bezeichneten ihn als „I’organ officiel de la propagande
française“: Vgl. SF 2 (1921) 15. S. 197.
375 Das Startkapital wurde vom französischen Staat zur Verfügung gestellt: Vgl. BALDAUF, S. 39-43;
LEMPERT, S. 41CMt20.
376 Vgl. NSK Nr. 253 (21.09.20); NSK Nr. 255 (23.09.20); NSK Nr. 24 (29.01.20); NSK Nr. 72
(08.04.21); NSK Nr. 133 (21.06.21).
377 Vgl. SF 1 (1920) 16. S. 158; SF 2 (1921) 5, S. 52; SF 3(1922) 17, S. 255; SF 3 (1922) 21, S. 318; SF
3 (1922) 22, S. 333; SF4 (1923) 1, S. 5; SF 5 (1924) 3, S. 35; SF7 (1926) 2, S. 31; SF 7 (1926) 4,
S. 59.
378 Vgl. SF 4 (1923) 11, S. 138 und S. 147.
379 So beginnen zahlreiche Erwiderungen mit dem Hinweis, daß die erhobenen Behauptungen zwar
gänzlich aus der Luft gegriffen seien, man sich aber dennoch im Interesse der Wahrheit dazu äußern
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