Ideale der Gemeinschaft, betonte, daß die saarländische Bevölkerung nichts sehnli¬
cher wünsche, als im Geiste der Völkerverständigung zu leben und versuchte, den
Bund als Schiedsrichterinstanz zu gewinnen363. In einem ihrer wenigen direkten
Schriftstücke an den Völkerbund entlastete die Geschäftsstelle moralisch die Genfer
Organisation, die-von Frankreich konsequent falsch informiert - völlig ahnungslos
über die wahren Zustände an der Saar sei. Auf der Grundlage des übersandten
Aufklärungsmaterials könne die Gemeinschaft ihre Aufgabe als Schutzherrin des
Saargebietes wahrnehmen364. Angesichts der skizzierten Haltung gegenüber dem
Völkerbund überrascht es, daß die Geschäftsstelle ..Saar-Verein“ gegen den Willen
einzelner Vorstandsmitglieder Kontakte zur Ende 1918 in Berlin gegründeten ..Deut¬
schen Liga für Völkerbund“ unterhielt365 und sogar die Schaffung einer saarlän¬
dischen Sektion des „Weltverbandes der Völkerbundsgesellschaften“unterstützte366.
Ungeachtet dessen grenzte er sich in der Frage des deutschen Beitritts zum Völker¬
bund klar von „fanatischen" Befürwortern des Völkerbundsgedankens ab und sym¬
pathisierte mit der DVP Außenminister Stresemanns: Vor einem überstürzten Beitritt
müsse zunächst die Frage geklärt werden, welchen Platz Deutschland künftig in der
Staatengemeinschaft einnehmen solle. Bevor jedoch überhaupt diesbezügliche
Verhandlungen aufgenommen werden könnten, müsse als grundsätzliche Prämisse
der Artikel 231 aus dem Versailler Vertrag gestrichen werden367. Da der Rat nicht das
Organ zur Wahrung des Rechtes und der Selbstbestimmung der Völker sei, habe
Deutschland auch weiterhin von der Gemeinschaft nichts zu erwarten368. Die hieran
geknüpfte Forderung nach Reform des Bundes zog sich wie ein roter Faden durch
das Jahr 1925: Das Reich müsse ernsthaft abwägen, ob es einem Völkerbund mit
bisheriger Ausrichtung angehören wolle - schließlich würde sich Deutschland
mitschuldig an der Politik des Bundes machen und durch den Beitritt auch de facto
die Bestimmungen des Versailler Vertrages akzeptieren. Insbesondere drohe die
Gefahr, daß eine mit deutscher Stimme verabschiedete Resolution im Saargebiet den
Eindruck hervorrufen könne, die Saar werde zugunsten anderer Reichsinteressen
geopfert369.
363 Vgi. derartige Lippenbekenntnisse, in: SF 2 {1921) 4. S. 39; SF 2 (1921) 8, S. 102; SF 3 (1922) 2. S.
17. Exemplarisch während des Bergarbeiterstreiks: SF 4 (1923) 6/7, S. 77 f.; SF 4 (1923) 12, S. 159.
J<>4 Vgl. Entschließung (03.04.21). in: LA Saarbrücken, Saar-Verein 1. Siehe auch Dok. 13 im Anhang.
365 Die Protektion der Liga durch das A A und verschiedene Kabinettsmitglieder erklärt unter Umständen
den Schritt der GSV. Nach ihren Satzungen bezweckte die Liga die „Vorbereitung und Sicherung des
Völkerbundes, Erfüllung des deutschen Volkes mit wahrer Völkerbundsgesinnung und Zusammen¬
arbeit mit gleichgerichteten Organisationen des In- und Auslandes.“ Zitiert nach BODEN, S. 102. Vgl.
hierzu Höhne.
366 Vgl. Protokoll der Sitzung des Aufsichts- und Beratungsausschusses vom 16.08.22 (17.08.22), in:
Ebd.
367 Vgl. SF 5 (1924) 15. S. 221 f.
36S Vgl. SF 5 (1924) 16, S. 238 f. und SF 5 (1924) 16, S. 240 ff. („Wie der Völkerbund das Saargebiet
behandelt“). Vgl. auch SF 5 (1924) 4. S. 45; SF 5 (1924) 4, S. 46 f.; SF 5 (1924) 11, S. 157; SF 5
(1924) 16, S. 243; SF 5 (1924) 17, S. 252 ff.
369 Vgl. SF 6 (1925) 1, S. 6 f.; SF 6 (1925) 6, S. 86 ff.; SF 6 (1925) 6, S. 97; SF 6 (1925) 7, S. 108; SF
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