Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

Sinnhaftigkeit der deutsch-saarländischen Vereinsbegegnungen hervorzuheben, 
spielte Vogel auch hier die Karte der effizienten französischen Gegenpropaganda 
aus. Dennoch dürfte die Behauptung zu weit führen, daß der Bund der Saarvereine 
während der Weimarer Jahre als zentrale „Koordinierungsstelle“ dieser Vereinsfahr¬ 
ten fungiert habe* 263 264. 
Der kaum zu leugnende aber gerne verschwiegene Vergnügungsaspekt der Fahrten 
saarländischer Vereine und deren Auftritte bei reichsdeutschen Meisterschaften, 
Wettbewerben und Heimattagen trat in aller Regel hinter die Fassade ernster und 
nationaler Bekenntnisse zurück. Das Beispiel der „Pfingstfahrt saardeutscher Sänger“ 
zeigt den idealtypischen Ablauf einer solchen Veranstaltung: In Erwiderung ver¬ 
schiedener Besuche reichsdeutscher Gesangsvereine unternahm der renommierte 
Saarbrücker Männergesangsverein im Mai 1926 eine Deutschlandfahrt über Eisenach 
und Berlin nach Dresden. Ähnlich wie an den anderen Stationen wurden die Sänger 
bereits am Anhalter Bahnhof von Berliner Vereinsdeputationen und Landsmann¬ 
schaften empfangen. Nach einer offiziellen Begrüßung im Rathaus durch Oberbür¬ 
germeister Böß und einer Stadtrundfahrt fand am Abend des Pfingstmontags ein 
Konzert vor 5.000 Besuchern im „Clou“ statt. Seine politische Nuance erhielt die 
Veranstaltung in dem fahnengeschmückten Saal durch die eingeschobenen kurzen 
Vorträge und Ansprachen. Als Vertreterder Reichsregierung brachte Außenminister 
Stresemann ein dreifaches Hoch auf die deutsche Saar aus. Dramaturgischer Höhe¬ 
punkt der Reise allerdings war die zwei Tage später angesetzte Audienz der Sänger 
bei Reichspräsident von Hindenburg, die auch in den Berichten der Berliner Presse 
ein reiches Echo fand. Nach weiteren Auftritten im Tiergarten und einem Ausflug 
nach Potsdam reisten die Saarbrücker Sänger nach vier Tagen schließlich nach 
Sachsen weiter, nicht ohne zuvor durch eine Reichswehrkapelle gebührend ver¬ 
abschiedet worden zu sein. Für die Berliner Ortsgruppe und die Geschäftsstelle 
„Saar-Verein“ war der organisatorische Aufwand des Kurzbesuches gewaltig: Sie 
hatten nicht nur die jeweiligen Treffen und Auftritte arrangiert, sondern den 165 
Männern auch kostenlose Unterkünfte und Verpflegung verschafft. Allein für diese 
Reise waren drei Spezialausschüsse (Konzerte, Empfänge und Finanzierung) gegrün¬ 
det worden364. 
BA-R 8014/28; viertes Gebot des „Katechismus des Bundes der Saarvereine“ (Juni 1929), in: BA-R 
8014/125. 
261 Vgl. Linsmayer: Politische Kultur, S. 427 f.; Bungert/ Lehnert, S. 64-72, Wenn überhaupt, dann 
trifft diese Behauptung nur bis etwa 1925 zu; in den folgenden Jahren blieb es den Ortsgruppen 
überlassen, den finanziellen und organisatorischen Rahmen der Vereinsreisen zu schaffen. Vgl. 
hierzu: SF 4 (1923) 15, S. 209-212; SF 5 (1924) 15, S. 233 f.; SF 6 (1925) 12/13, S. 212; SF 6 (1925) 
19, S. 324; SF 6 (1925)21,5. 356 ff.; SF7 (1926) 11, S. 170-174; SF7 (1926) 12, S. 188 ff.; SF 11 
(1930) 16, S. 315. 
264 Vgl. den umfangreichen Schriftverkehr in: BA-R 8014/766 ff. Vgl. auch Brief des MGV Saarbrücken 
von 1861 an das AA (14.04.26), in: PA AA. II a Saargebiet, R 76.141; SF 7 (1926) 11, S. 170-174; 
SK 5 (1927), S. 96-103. 
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