Entscheidungsinstanz für die Bewilligung von finanziellen Hilfsmitteln für Saarlän-
der,io und sie übernahmen im Mai 1921 gemeinsam mit dem „Hilfsausschuß der
Rheinländer" auch die Verwaltung und Auszahlung der Unterstützungsgelder aus
einem Dispositionsfonds des Staatssekretärs für die besetzten Gebiete'*6. Allerdings
darf die Rolle des Saarvereins nicht überschätzt werden: Nur ein geringer Teil der
Ausgewiesenen nahm die Vermittlungsdienste der Geschäftsstelle oder der Orts¬
gruppen im Reich in Anspruch. Mehrheitlich korrespondierten die Saarflüchtlinge
direkt mit den Behörden1*7.
Mit der Schaffung des Rechtsbegriffes des „Saareinwohners“ durch die Regierungs¬
kommission im Juli 1921 endeten die Ausweisungen aus dem Saargebiet1**. Un¬
geachtet dessen hielt es Vogel für sehr wahrscheinlich, daß die „Administration des
Mines Domaniales“ auch in den kommenden Jahren versuchen würde, deutsche
Bergleute durch französische auszuwechseln, so daß er weiterhin die Notwendigkeit
der Unterstützungszahlungen an saarländische Erwerbslose bzw. Hilfsleistungen für
„Wirtschaftsflüchtlinge" gegeben sah1*9. In der Tat übernahm die Geschäftsstelle
„Saar-Verein“ während des Ruhrkampfes, der an der Saar von einem hunderttägigen
Bergarbeiterstreik begleitet wurde, wieder kurzzeitig die Vermittlung der staatlichen
Hilfsleistungen. Obwohl die aus dem Saargebiet Ausgewiesenen Anfang 1925 den
Ruhrverdrängten rechtlich gleichgestellt wurden185 190, bemühte sich Vogel weiterhin um
deren finanzielle Aufbesserung.
Auf die Entwicklung der folgenden Jahre gesehen, besaßen die Ausweisungen der
Jahre 1919-1921 längerfristige Bedeutung für die Arbeit der Geschäftsstelle „Saar-
Verein“:
1. Viele der freiwillig aus dem Saargebiet Verzogenen kehrten ebenso wie die ausge¬
wiesenen Bergleute nicht mehr in ihre alte Heimat zurück, sondern faßten im
unbesetzten Teil des Reiches wieder Fuß, Die soziale Integration in die teils
bestehenden, teils erst aus diesen Vertriebenen gegründeten Saarvereinigungen
erleichterte ihnen den Neubeginn in der Fremde.
185 Vgl. Punkt 3 der vertraulichen Verfügungen des Zentralkomitees der Deutschen Vereine vom Roten
Kreuz (25.10.20), in: BA-R 8014/786; Rundschreiben des PrMI (23.10.24), in: BA-R 8014/674.
186 Vgl. Brief des StS Lewald an die Pfalzzentrale (11.04.21), in: MAE. Rive Gauche 194. Hiermit sollten
Saar- und Rheinländer dafür entschädigt werden, daß sie in der endgültigen Fassung des Verdrän¬
gungsschädengesetzes vom 28.07.21 ausgenommen blieben: Vgl. PURPER, S. 14. Die GSV hatte sich
zuvor für die Aufnahme der Saar stark gemacht: Vgl. Brief der GSV an alle Ministerien, die Reichs¬
kanzlei sowie die Parteien im Reichs- und Landtag (12.12.20), in: BA-R 8014/666.
187 Vgl. hierzu den umfangreichen Schriftverkehr in: PA AA, 11 a Saargebiet, R 75.577.
188 Unabhängig von ihrer bisherigen Nationalität erwarb jede Person, die nachweislich drei Jahre im
Saargebiet lebte und dort ihre Steuern zahlte, die Eigenschaft des Saareinwohners und durfte nicht
mehr ausgewiesen werden: Vgl. Verordnung Nr. 530 (23.05.21), in: Amtsblatt der Reko 2 (1921) 4,
S. 92 f,; SF 2 (1921) 10, S. 128.
189 Vgl. Brief der GSV an die Flüchtlingsfürsorge des Bundes der deutschen Grenzmarken-Schutz-
verbände (27.08,21), in: BA-R 8014/973.
190 Dies ging auf eine Eingabe der GSV zurück: Vgl. Brief des RMS an AA (31.12.24), in: PA AA. II a
Saargebiet, R 75.577; Brief des StSbesGeb an die GSV (20.08.23), in: BayHStA, MA 108.203.
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