Reichsbehörde sein - die sich zu dieser Zeit noch fest in den Händen der Weimarer
Koalitionsparteien befand sondern wollte in direkter Verbindung mit den Reichs¬
und Länderministerien für politische, wirtschaftliche und kulturelle Fragen des
Saargebiets verantwortlich zeichnen.
Einen Teilerfolg seiner ambitionierten Pläne erreichte Vogel insofern, als daß er zum
Mitglied eines Saarausschusses ernannt wurde, der den Auftakt zu einer Reihe
ähnlicher Gremien bildete, die sich bis zur Abstimmung 1935 auf ebenso unter¬
schiedliche Initiativen wie mit variierenden Zielsetzungen konstituierten33. Gerade in
dieser frühen Phase, in welcher die Saarländer nur über lokale Vertretungskörper¬
schaften und nicht wie mit dem Landesrat über ein demokratisch legitimiertes Forum
zur Artikulation der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Vorstellungen
verfügten, schien dieses informelle und konspirative Organ am ehesten geeignet, mit
den Reichsbehörden zu kommunizieren. Die RfH alimentierte den Saarausschuß, der
erstmals im Januar 1920 in Frankfurt zusammentrat, monatlich mit 20.000 Mark'4,
die zur Förderung des Deutschtums an saarländische Institutionen und Vereine
weitergeleitet wurden. Die Saarländer profitierten von der Möglichkeit, ihre Anliegen
ohne Zwischeninstanz vortragen zu können, während das überparteiliche Gremium
die Vorgehensweise der im Kreuzfeuer der Kritik stehenden RfH legitimierten3". Auf
der Basis der geleisteten Vorarbeiten entstand bis April 1920 ein umfangreiches
Konzept zur kulturellen und wirtschaftlichen Unterstützung des Saargebiets36, dessen
Bedeutung weniger in der Höhe der Fördersumme von 5'/2 Millionen Mark begründet
liegt37, sondern vielmehr in dem Umstand, daß dieses Projekt in seiner Art einzigartig
” Außer von Wrochem und Vogel gehörten dem Gremium von reichsdeutscher Seite der Leiter der RfH-
Landesstelle Köln, Wernerus, und aus dem Saargebiet Otto Pick, Karl Ollmert, Valentin Schäfer, Prof.
Theodor Meyer, Anna Therese Rawengel, Otto Ludwig und Hans Regitz an. Als Vertreter der Regie¬
rungsparteien im Reich wurden Ollmert (Zentrum), Pick (DDP) und Feld (SPD) in einen engeren
Arbeitsausschuß gewählt, der künftig wöchentlich unter der Leitung Ollmerts in Saarbrücken zu¬
sammentrat. Einmal im Monat sollte der Gesamtausschuß jenseits des Rheins einberufen werden: Vgl.
die Protokolle der Sitzungen vom 11.01.20 in Frankfurt (in: BA-R 8014/340), 20.04.20 in Würzburg
(in: BA-R 1603/2512) und 25.07.20 in Heidelberg (in: BA-R 1603/2509) sowie den Brief der GSV an
Ollmert (28.04.20), in: BA-R 8014/775. ln der internen Aufzeichnung der RfH „Der Saarausschuß.
Seine Gründung, seine Tätigkeit und sein Ziel“ (20.04.20, in: BA-R 1603/2526) wurde die Mitarbeit
der USPD zwar als prinzipiell wünschenswert, aber derzeit nicht produktiv bezeichnet.
34 Vgl. Auflistung der RVP (04.11.21), in: BA-R 8014/780.
35 Sowohl die sich in ihrer Kulturhoheit bedroht fühlenden Länder als auch die Parteien jenseits der
Weimarer Koalition setzten die Reichsbehörde zu dieser Zeit massiv unter Druck.
36 Mit drei Millionen Mark sollte das saarländische Pressewesen subventioniert werden, für die Förderung
des Theaterwesens in Saarbrücken standen weitere 700.000 Mark zur Verfügung, und 750.000 Mark
sollten im Bereich der Volksbildung für Volkshochschulen, Vorträge oder Bibliotheken aufgebracht
werden. 550.000 Mark sollten an saarländische Vereine fließen: Vgl. „Programm für die Verwendung
der bewilligen 5'A Millionen für den mit der Bege-Stelle der Reichszentrale für Heimatdienst arbeiten¬
den Ausschuß des Saargebiets“ (24.04.20), in: NSK Nr. 217 (12.08.20); ANSCHÜTZ, S. 51-54. Der
Betrag von 5!4 Millionen wurde zu gleichen Teilen von Preußen und dem Reich erbracht: Vgl. Briefe
von Wrochems an das AA (23.08.20, in: PA AA, II a Saargebiet. R 75.430) und des RMFinanz an die
Stuttgarter „Vereinigung gegen die Lostrennung unseres Saargebietes und der Rheinpfalz“ (08.10.20),
in: BA-R 2/2689.
Demgegenüber stand zur gleichen Zeit etwa die zwanzigfache Summe zur Unterstützung des Deutsch¬
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