lautenden Rundschreiben des Bayerischen Städtetages nicht nur die kommunalen
Zuwendungen aus dem Freistaat ausblieben216, sondern aufgrund der bayerischen
Haltung auch verschiedene Reichsstellen bereits zugesagte finanzielle Unterstüt¬
zungen zurückzogen, drängte die Berliner Geschäftsstelle auf eine schnelle Klärung
der Verhältnisse. Anfang Dezember 1921 erfolgte im Bayerischen Außenministerium
schließlich eine Besprechung, in welcher Vogel, der Vorsitzende der Münchener
Ortsgruppe Meyer und Staatskommissar Jolas die Kompetenzen zwischen dem
bayerischen Saarverein und der Berliner Zentrale abgrenzten217. Hiermit entstand
nach der württembergischen Geschäftsstelle in Stuttgart eine zweite autonome
Ortsgruppe in München, die ihre Saargebietspropaganda zwar in Anlehnung an die
Geschäftsstelle „Saar-Verein" betrieb, sich aber eher den protegierenden bayerischen
Behörden als der eigentlichen Dachorganisation verpflichtet fühlte.
Unter der Leitung des neuen Vorsitzenden Franz Johannes218, der den Einflußbereich
der Münchener Ortsgruppe auf das gesamte bayerische Staatsgebiet ausdehnte,
eskalierte der Konflikt 1929 vollends: Die inzwischen auf 140 Mitglieder gewachse¬
ne bayerische Landesgruppe drohte offen mit Abspaltung, nachdem Vogel und der
Bundesvorsitzende Andres eine Prüfung der Münchener Geschäftsbücher hatten
vornehmen wollen219. Die Trennung erfolgte zwar nicht, jedoch enden im Jahr 1929
die Berichte im „Saar-Freund" über die Tätigkeit der bayerischen Gruppe. Der
Antagonismus zwischen Bayern und dem Reich setzte sich auf der Ebene der jeweili¬
gen Saarvereins-Geschäftsstellen fort; im Grunde führten Vogel und Johannes in der
Frage der Föderalisierung der (Kultur-) Propaganda eine Art Stellvertreterkrieg.
Hinzu kamen persönliche Ambitionen, übersteigerter Ehrgeiz und nicht zuletzt auch
Neid bei den beiden Protagonisten, die bis zur Gleichschaltung des Bundes der
Saarvereine eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Berliner Zentrale und
Münchener Landesgruppe behinderten.
Hinsichtlich der beiden teilautonomen süddeutschen Landesverbände läßt sich
festhalten, daß partikularistische und zentralistische Eigeninteressen Kräfte banden
und somit eine konstruktive Auseinandersetzung mit wichtigeren Problemen er¬
schwerten. Die Weigerung Münchens und Stuttgarts, sich der Berliner Zentrale
Staatskommissar für die Pfalz und mir.“: Brief Jolas’ an das BayMInn (25.08.21), in: BayHStA.
MInn. 47.098. Vgl. ebenso: JOLAS: Saar-Denkschrift, in: LA Speyer, L 342, S. 33.
216 Vgl. Abschrift eines Briefes des BayMInn an den BdS (14.10.21) und Rundschreiben des Bayerischen
Städtebundes (19.10.21), in: StA Erlangen, 406/110. Reibereien zwischen Vogel und der bayerischen
Pfalzzentrale dürften dem Ansehen der GSV in München ebenfalls kaum zuträglich gewesen sein.
Auch der württembergische Staat zahlte in aller Regel nur Gelder an die Stuttgarter Vereinigung und
nicht an die GSV: Vgl. HStA Stuttgart, E 130 b/2631 f.
217 Vgl. SF 3 (1922) 10, S. 150 f. Vereinbarung vom 06.12.21. in: BA-R 8014/509.
2IS Der 1877 im Saarrevier geborene Kunstmaler Johannes übernahm das Amt im Frühjahr 1923 von
Meyer; in seiner Eigenschaft als Saarvereinsvorsitzender wurde er zum Beisitzer des rechtsstehenden
„Deutschen Notbundes gegen die Zwingherrschaft am Rhein“ gewählt: Vgl. Flugblatt des Notbundes
(April 1926), in: Staatsarchiv Amberg, Regierung der Oberpfalz, Kammer des Innern 21.082.
219 Vgl. Brief der Ortsgruppe München an die GSV (01.02.29), in: BA-R 8014/511.