Full text: ‚‚Deutsch die Saar, immerdar!‛‛

zuging157 * - die Ausnahme dargestellt haben. Daß die Ortsgruppen weder inhaltlich 
noch quantitativ die in sie gesteckten Erwartungen erfüllten, belegen die häufigen 
Klagen der Geschäftsstelle, die propagandistische Wirkung der Vorträge sei wegen 
unzureichender Vorbereitung verpufftL5S. 
Mehr Erfolg war den mit teilweise großem Aufwand organisierten Saarkundgebun¬ 
gen beschieden, die meist die bewährten Inszenierungselemente der alljährlichen 
Bundestagungen kopierten159. Dabei war die Außendarstellung der Ortsgruppen 
mindestens ebenso wichtig wie die Vorträge und Reden über aktuelle Saarbetreffe. 
Betrachtet man die Kundgebungen rheinisch-westfälischer Ortsgruppen näher, so 
wird deutlich, daß dort bekannte Elemente der traditionellen saarländischen Festkul¬ 
tur aufgegriffen und in modifizierter Form wiederholt wurden. Sie erfüllten eine 
wichtige binnenpropagandistische Funktion, indem sie den Mitgliedern das Gefühl 
vermittelten, Teil einer großen und bedeutenden Gemeinschaft zu sein, die sich einem 
hohen Ziel verschrieben hatte. Obligatorische Umzüge durch die jeweilige Stadt 
boten gerade dem einfachen Vereinsmitglied die Gelegenheit, in die Rolle der hö¬ 
heren Beamtenschaft der preußischen Bergwerksverwaltung zu schlüpfen, der er in 
früheren Jahren als Zuschauer selbst akklamiert hatte16'1. Die präsentierten saarlän¬ 
dischen Bergmannsuniformen verliehen diesen Umzügen nicht nur eine folklori- 
stische Note, sondern waren Ausdruck eines eigenen Standesbewußtseins, wodurch 
die in aller Regel am Wochenende stattfindenden Kundgebungen zugleich festlichen 
wie auch feierlichen Charakter besaßen. 
Mit dem verstärkten Aufkommen der Freizeitkultur und den daraus resultierenden 
immer vielfältigeren Alternativangeboten161 geriet die Ortsgruppenarbeit im Laufe der 
Jahre ins Stocken. Die Mitglieder verhielten sich zunehmend passiv, und das schwin¬ 
dende Interesse an trockenen und ausschließlich belehrenden Veranstaltungen ließ 
die Aktivitäten auf unterer Ebene erlahmen162. Um diesem Trend entgegenzusteuern, 
mußten von der Geschäftsstelle „Saar-Verein“ Anreize gefunden und organisiert 
werden. Zur Stärkung des inneren Zusammenhalts einer Gruppe empfahl Vogel daher 
die Aufführung von Theaterstücken wie beispielsweise „Das deutsche Herz“ von 
Friedrich Schön, dessen Manuskript bei der Geschäftsstelle bezogen werden 
konnte163. 
157 Vgl. Rundbriefe der GSV an die Ortsgruppen (12.06.22 und 26.06.25), in: BA-R 8014/121; Punkt 8 
der auf der Bundestagung in Hannover 1925 beschlossenen Leitsätze (Juli 1925), in: BA-R 8014/28. 
^ Vgl. sechstes Gebot des „Katechismus des Bundes der Saarvereine“ (Juni 1929), in: BA-R 8014/125; 
SF 11 (1930) 19, S. 362; SF 11 (1930) 21, S. 396. 
159 Allein im Jahr 1923 fanden in insgesamt 28 Städten Saarkundgebungen statt: Vgl. Protokoll der 
Mitgliederversammlung vom 24.05.24 (10.06.24), in: BA-R 8014/24. 
m> Vgl. Keiner. 
161 Vgl. hierzu die verschiedenen Aufsätze in AfS 33 (1993) zum Thema „Freizeit in der modernen 
Massen- und Konsumgesellschaft“. 
162 Vgl. SF 6 (1925) 3, S. 49. 
163 Vgl. SF 8 (1927) 23. S. 435; SF8 (1927) 14, S. 230; SF 9 (1928) 7, S. 111 f.; SF 13 (1932) 11, S. 
175. 
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