Anstellung verschafft und noch im April 1933 Stücke verfemter Komponisten273
habe aufführen lassen. Bongards ,judenfreundliche[...] Einstellung“ biete nicht
die Garantie für ein Musikschaffen im Geiste Adolf Hitlers.274 Saarbrückens neuer
nationalsozialistischer Oberbürgermeister entzog Bongard die wichtigsten kultur¬
politischen Aufgaben. Erschöpft reichte Bongard 1936 seinen Rücktritt ein und
verließ Saarbrücken. Hans Bongard überlebte das verabscheute Regime um nur
ein Jahr. Er starb in seiner westfälischen Heimat am 5. Juni 1946.27"'
Saarländische und reichsdeutsche Forscher
In der SFG war Bongard das einzige tätige saarländische Mitglied. Die Aktivi¬
täten der anderen Saarländer nahmen schon bald so stark ab, dass Sante deren
Zuwahl in der Rückschau als „Umstand“ abtat; die Vereinsmitglieder seien nur in
die SFG aufgenommen worden, „um überhaupt Saarländer zu haben“. Sogar ein
tief gehender Umbau wurde erwogen, der dieser Zweiteilung der SFG durch eine
Trennung in zentral organisierte mitarbeitende Forscher und passive Mitglieder
Rechnung tragen sollte.276 * Denn die eigentliche Arbeit der SFG wurde „vor allem
von einer eigens entsandten Gruppe deutscher Wissenschaftler geleistet“, womit
Sante in erster Linie sich selbst und einige rheinische Forscher meinte. Dieser
Tatsache pflichtete der Saarbrücker Oberbürgermeister ohne falsche Eitelkeit bei.
Wülscheids Mahnung, mehr Saarländer in die Wissenschaftsförderung aufzuneh¬
men, wurde in den Wind geschlagen.2
Im Winter 1928/29 wagte sich die SFG auf das glatte Eis der Saarpolitik. Aubin
meldete der verdutzten Mitgliederversammlung, dass er Kontakte zur Saargebiets¬
regierung geknüpft habe. Er wolle den Präsidenten der Regierungskommission
Sir Ernest C. Wilton, der sich geneigt gezeigt habe, künftig zu den Veranstaltungen
der SFG einladen. Offensichtlich bemühte sich der Vorsitzende um einen kon¬
struktiven Austausch mit der internationalen Saarverwaltung, der er signalisierte,
Handbuch der Reichskulturkammer, Hg. Hans Hinkel, Bearb. Günther Gentz (Berlin: Dt.
Verl. f. Pol. u. Wirt., 1937), 118; cf. Michael H[ans] Kater, „Antisemitismus in der Kultur¬
politik des Dritten Reiches am Beispiel der Musik“, Faschismus und Faschismen im Vergleich:
Wolfgang Schieder zum 60. Geburtstag, Hg. Christof Dipper, Rainer Hudemann, Jens Petersen,
Italien in der Moderne, Bd. 3 (Vierow: SH-Verl., 1998), 125-47; Eckhard John, „Der Mythos
vom Deutschen in der deutschen Musik: Musikwissenschaft und Nationalsozialismus“, Die
Freiburger Universität in der Zeit des Nationalsozialismus, Hg. id. [et al.] (Freiburg, Br.:
Ploetz, 1991), 163-90.
~74 StdASb, Hauptakte Bongard: Hellriegel an OB Saarbrücken v. 8.6.1936, cf. v. 25.5.1936
' StdASb: Hauptakte Bongard: Bongard an OB v. 3.8.1936; Nebenakte Beamten-Versorgung
Bongard, f. 1: Bongard an OB v. 19.9.1936; Nebenakte Beamten-Versorgung Bongard, f. 68:
Sterbeurkunde Hamm v. 19.6.1946; f. 59: [Stadt. Finanzdir. Theo] Berg (Kämmereiamt) an
Personalamt v. 24.6.1946.
276 HessHStA, 1150/63: Sante an Emrich v. 14.3.1935, 3-4, Zitat 3; cf. ALVR, 3794: Sante,
Denkschrift über die Wissenschaftspflege und Heimatforschung an der Saar v. 20.4.1932.
277 HessHStA, 1150/63: Sante, Anlage I v. 21.1.1935; cf. Sante an Aubin v. 28.3.1935, 2;
Neikes, Denkschrift, v. 15.2.1935, 2; Sante [Forschungsarbeit an der Saar] v. 9.3.1935, 2;
LASb, SM 12: Schmidt-Ott, Aubin, Mitgliederversammlung der SFG am 10.9.1932, 7.
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