haben. Im Mai 1933 allerdings trat sie der NSDAP und 1934 dem VDA bei.773 In
den folgenden Jahren sandte sie Abschriften ihrer Märchen und Volkserzählungen
an das SS-Ahnenerbe. Dessen Geschäftsführer Sievers unterstützte ihre Arbeit
indirekt, indem er ihr die Abschreibkosten doppelt vergütete - sogar noch als
die Sagen- und Märchen-Abteilung des Ahnenerbes für die Dauer des Krieges
geschlossen worden war. 74 775 Ferner belieferte Merkelbach-Pinck die lokale und
überregionale NS-Presse mit volkskundlichen Artikeln. " Doch die Gestapo hat
Merkelbach-Pinck nicht getraut: Schon 1937 wurde ihre Post überwacht.776
Unmittelbar nach der deutschen Eroberung der Moselle machte Merkelbach-Pinck
alte Rechnungen auf. Im Sommer 1940 denunzierte sie in einem Schreiben an
Emrich einen Hambacher Lehrer namens König, der ein „Kommunist und ein
starker Trinker, ein durchaus charakterloser Mensch“ sei, als den Schinder ihres
Bruders Louis: „Jedenfalls hätte mein Bruder verdient, von diesem Mann erlöst zu
werden“. Im selben Brief gab sie der deutschen Zivilverwaltung Namen „zuver¬
lässiger“ Lothringer an, auf die sich das deutsche Annexionsregime stützen könne,
weil sie in der französischen Zeit Beweise ihrer „heimattreuen (gleich deutschen)
Gesinnung“ geliefert hätten. Für alle Namen und Adressen deutschgesinnter
Lothringer empfahl sie ihren Freund Pastor Jean Seelig aus Obergailbach, den
früheren Schatzmeister von Pincks Verein für lothringische Volkskunde.77' Ihr
Denunziationsschreiben hatte also gleichzeitig den Zweck, Merkelbach-Pincks
lothringische Bekannte bei der neuen Verwaltung einzuführen. Bei diesen handelte
es sich nicht um eifrige Nationalsozialisten, vielleicht noch nicht mal um Männer,
die der deutschen Annexion der Moselle aufgeschlossen gegenüber standen, wie
Seelig, der auf Grund seines „reichsfeindlichen Verhaltens“ von den Deutschen
aus Lothringen vertrieben wurde.77* Merkelbach-Pinck verwahrte ihre lothringi¬
schen Freunde gegen saarpfälzische oder reichsdeutsche Bevormundungen: „Im
übrigen haben wir Lothringer ja wohl bewiesen, daß wir ohne Anleitung arbeiten
3 BABL, R70 Lothringen/20, f. 19r: BdS Lothringen-Saarpfalz, Vermerk v. 3.7.1942: NSDAP-
Mg.-Nr. 2 392 737; f. 11: SS-Hauptsturmführer Nätscher (SD-Einsatzgruppe II), Vermerk v.
1.7.1942. H. Hiegel, „L’œuvre“, 202 behauptete irrtümlich, Merkelbach-Pinck sei nicht mit dem
NS verbunden gewesen. Für den Einblick in viele Unterlagen zu Merkelbach-Pinck danke ich
Lionel Boissou.
4 BABL, NS21/310: P[ohl] an Merkelbach-Pinck v. 15.6.1939, We. an Merkelbach-Pinck v.
6.5.1941, Z[anthier] an [Sievers] v. 6.5.1941; cf. Merkelbach-Pinck an Zanthier v. 23.10.1940,
Zfanthier] an Merkelbach-Pinck v. 31.10.1940, We. an [Sievers] v. 6.5.1941; NS21/253: Mai
(z. Zt. Salzburg) an [Sievers] vor dem 10.3.1941 (Eingangsstempel) mit Entwurf einer Dienst¬
bescheinigung für Frl. v. Zanthier, Sievers an Zanthier v. 7.4.1941.
775 ADM, 1W254: Angelika Merkelbach-Pinck, „Vom Sammeln des lothringischen Volksgutes
bis zum Buch“, Kölnische Volkszeitung (15.5.1941); id., „Frauen aus dem Westen: Bildnisse
lothringischer Herzogstöchter“, Das Reich (17.8.1941); „Lothringer Land: Volksleben jenseits
des Rheins“, Das Reich (3.5.1942).
776 BABL, R70 Lothringen/20, f. 19r: BdS Lothringen-Saarpfalz, Vermerk v. 3.7.1942.
77 HMP, G/Besprechungsbelege, LI: Merkelbach-Pinck (Frankfurt) [an Emrich] v. 30.8.1940;
cf. Caron, Jaryc, Répertoire, 105-06.
778 BABL, R70 Lothringen/20, f. 11: Nätscher, Vermerk v. 1.7.1942.
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