grenzen eingelagert wurde, um nach dem deutschen Sieg die Archivalien mit der
offiziellen Annexion der ostfranzösischen Departements endgültig zu kassieren.230
Westprogramm der Archivverwaltung
Die Geschichte der deutschen Westgrenze war nicht nur das wissenschaftliche
Untersuchungsobjekt der in Kaiserslautern und in Metz vom Gauleiter installier¬
ten Landes- und Volksforschungsinstitute. Auch die WFG und die deutsche
Archivverwaltung bezogen im Zweiten Weltkrieg den gesamten Raum zwischen
Rhein, Rhone und Saône in ein gewaltiges Forschungsprojekt ein, in das wissen¬
schaftliche „Westprogramm der deutschen Archivverwaltung“. Zipfel war davon
überzeugt, dass „die Archivare in fast allen Geschichtsvereinen, historischen
Kommissionen, landeskundlichen Forschungsstellen usw. die Hauptträger der
Arbeit“ und „als Träger der landesgeschichtlichen Forschung und als Wahrer der
guten wissenschaftlichen Tradition den Geschichtsprofessoren an den Universi¬
täten durchaus ebenbürtig“ seien. Er wollte ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit die
nötige Geltung verschaffen und wie schon 1939/40 in Osteuropa nun in West¬
europa ein wissenschaftliches Programm der Archivverwaltung aufbauen. Zu
Gute kam Zipfel hierbei seine Tätigkeit als Kommissar für den Archivschutz im
Westen, als deren Fortsetzung er das Westprogramm ansah.231 Unterstützt wurde
er durch Sante, der als Mitglied der deutschen Militärverwaltung in Westeuropa
und als projektierter Sachbearbeiter im Oberkommando des Heeres für den
Archivschutz im gesamten Westen232 eine Schlüsselposition innehatte. Aus der
Verantwortung für den Archivschutz im Westen leitete Sante die Forderung ab,
dass Zipfel stellvertretender Vorsitzender der WFG werden müsse. Wenn sie die
Mittel für ein „Programm wissenschaftlicher Arbeiten“ bereitstellen könne, prog¬
nostizierte Sante, würde die Archivverwaltung damit ihren Einfluss auf die
Westforschung verstärken.233 Zipfel setzte sich im August 1940 mit dem Leiter
der WFG Metz zusammen, um Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden. Metz kam
Zipfel entgegen und ernannte ihn zwei Monate später zum stellvertretenden
WFG-Vorsitzenden.234
Zipfel, der außerdem im Beirat des Reichsinstituts für Geschichte des neuen
Deutschlands und der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft (NOFG)
saß,235 war gewillt, die deutsche Archivverwaltung an den Aufgaben zu beteiligen,
„die durch die Ausweitung des Reiches im Osten und Westen und seine neu¬
erworbene Führerstellung in Europa der deutschen Geschichtswissenschaft“
230 K. H. Roth, „Höhere Form“, 1999, 4 (1989), H. 2, 86.
231 HessHStA, 1150/23, f. 469-70: Zipfel an Sante v. 11.7.1940.
232 HessHStA, 1150/1: Zipfel, Dienstreise am 4./5.6.1940 v. 10.6.1940, 1.
233 HessHStA, 1150/1: Sante an Zipfel v. 27.6.1940, 4.
234 ADM, 1W191: Ruppel an Zipfel v. 31.10.1940, 1.
235 HessHStA, 1150/23, f. 274: Zipfel, Die wissenschaftlichen Aufgaben der Archivverwaltung
v. 10.7.1941.
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