Weltkriegs im Besonderen dargestellt werden. Da sich die Wissenschaften in der
Westmark als „Bollwerk deutscher Gesinnung“ gegen westliche, namentlich fran¬
zösische Ideen und Kultureinflüsse verstanden,' ergeben sich ferner Einblicke in
das Verhältnis von Wissenschaft und Kulturgrenze. Die Westmark entstand durch
die Angliederung des Saarlandes und des französischen Departements Moselle an
Bürckels Urgau, die bayerische Rheinpfalz. Die Wissenschaften, die in diesen
drei Regionen in getrennten Einrichtungen organisiert waren, wurden nach und
nach von Bürckels nationalsozialistischem Kulturapparat aufgesogen.
In der Pfalz gab es die Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften
(PGFW). 1925 gegründet, wurde sie 1933 gleichgeschaltet. Unabhängig von der
PGFW bestand in Saarbrücken von 1926 bis 1935 die Saarforschungsgemeinschaft
(SFG). Zur Integration der Saarwissenschaften in den Gau Bürckels nach der
Rückgliederung des Saargebietes schuf die PGFW 1936 in Kaiserslautern das
Saarpfälzische Institut für Landes- und Volksforschung, das sich ab 1941 „West¬
mark-Institut für Landes- und Volksforschung“ nannte. Nach der Eroberung des
französischen Moselle Departments 1940 löste die nationalsozialistische Wissen¬
schaftsverwaltung die lothringischen Wissenschaftseinrichtungen auf. Regional¬
forschern in der Moselle wurde eine begrenzte und zensierte Mitarbeit im neu
gegründeten Lothringischen Institut für Landes- und Volksforschung in Metz
angeboten, welches die staatliche Germanisierungspolitik in Lothringen kulturell
unterstützte. Die Ideologie- und Institutionengeschichte der genannten wissenschaft¬
lichen Einrichtungen, ihre Mitarbeiter, ihre Forschungen, ihr Selbstverständnis und
besonders ihre Beziehungen zur Politik stehen im Mittelpunkt dieses Buches.
1. Forschungs- und Quellenlage
Forschungslage
Der Gesamtzusammenhang der Wissenschaften in der Pfalz und im Saarland
während der Zwischenkriegszeit und des Zweiten Weltkrieges und der Wissen¬
schaften in der Moselle während der faktischen nationalsozialistischen Annexion3 4
3 HMP, G/Institutssitzungen: „Geschichte und Aufgabe der Gegenwart: Die Tagung der saar¬
pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften und des Gauschulungsamtes“,
Saarbrücker Zeitung (16.10.1936).
4 In Anlehnung an die französische Bezeichnung für die deutsche Verwaltung der Moselle im
Zweiten Weltkrieg, Ja seconde annexion“, wird der Begriff „(nationalsozialistische) Anne¬
xion“ benutzt. Eine solche war völkerrechtlich nie verfügt, in allen politischen, administrati¬
ven, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen aber faktisch durchgeführt worden; Robert
Emst, [Vorwort] Der Bund der Elsaß-Lothringer im Reich am Ziel: Die Vertretertagung in
Straßburg und Metz am 13. und 14. September ¡941, für den Inhalt verantwortl. Karl Brill
(Straßburg: Straßb. Neueste Nachrichten, 1941), 1-3, hier 3. Cf, Klaus Oldenhage, „Die
Verwaltung der besetzten Gebiete“, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 4: Das Reich als
Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus, hg. i. A. d, Freiherr-vom-Stein-Ges. v.
Kurt G. A. Jeserich, Hans Pohl, Georg-Christoph von Unruh, Autoren dieses Bd. Wilfried Berg
[et al.J (Stuttgart: DVA, 1985), 1131-68, hier 1153; cf. Wolfgang Benz, „Typologie der
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