ab.458 Ende 1933 verstärkte Steinbach seinen Widerstand gegen den Saarbrücker
Klüngel und beschwerte sich beim Beauftragten für Saarfragen im preußischen
Kultusministerium, Dr. Helmut Schweig. Mittelschullehrer Schweig hatte seinen
Aufstieg ins Erziehungsministerium seiner Stellung im NSLB-Saar und in der
NSDAP-Saar zu verdanken, deren Saarbrücker Stadtratsfraktion er vorsaß und für
die er Mitglied des Landesrates war; 1934 diente Schweig in der saarländischen
Kulturpolitik als Mittler zwischen Berlin und Saarbrücken und wurde dafür 1935
mit einem Posten als Regierungs- und Schulrat in der Behörde des Reichs¬
kommissars für die Rückgliederung des Saarlandes belohnt.4"9 Steinbach klagte
Schweig, „dass die Saarforschungsgemeinschaft ihn und das Bonner Institut
systematisch auszuschalten suche“. Bongard, den Schweig zu den Vorwürfen
befragte, war bestürzt über Steinbachs schädigendes Verhalten und weigerte sich,
künftig „die fortgesetzten Beschwerden eines ausgesprochenen Querulanten zu
bereinigen“. Bongard drohte mit seinem Austritt aus der SFG, wenn es nicht
gelinge, „Herrn Steinbach von der Meinung zu befreien, irgend jemand von der
Saar-Forschungsgemeinschaft wolle ihm etwas“.460 461 Steinbach konzentrierte unter¬
dessen seine Kritik auf Santes Einleitung zum Saar-Atlas 4h]
Santes Schreibstil war sehr politisch. Sein Einleitungsentwurf orientierte sich
weniger an wissenschaftlichen Erörterungsweisen als an publikumswirksamer
Propaganda. Aubin schloss sich Steinbachs Kritik an und erinnerte daran, dass die
Einleitung nicht die Aufgabe habe, eine Landeskunde der Saarlande zu verfassen,
sondern in groben Zügen über den Inhalt des Saar-Atlasses zu unterrichten, um
„Politiker, Zeitungsmänner - und beides namentlich auch im Auslande - in die
Saarprobleme einzuführen“. Kontraproduktiv sei, dass Sante „den Tonfall einer
politischen Broschüre angeschlagen“ habe, der „dem Atlas sofort den Vorwurf
eintragen würde, dass er lediglich zu politischen Zwecken geschaffen worden sei“.
Der Atlas dürfe nicht den „Charakter einer Kampfbroschüre annehmen“, warnte
Aubin. Santes Stil sei verschwommen, seine „dialektischen Wortspielereien (Re¬
union, Wiederherstellungs-Restauration)“ verwirrten selbst gelehrte Leser: „Die
4r>8 HessHStA, 1150/57: Sante an Aubin v. 12.1.1933, 3.
459 Helmut Schweig,, * 1893, Militärdienst 1914-20, verabschiedet als Oberleutnant, philologi¬
sches Studium (München, Paris, Bern, Bonn), Promotion, Ostern 1926 Mittelschullehrerexa¬
men, Ostern 1926 - Herbst 1933 planmäßiger Mittelschullehrer in Saarbrücken, Herbst 1933 im
RMWEuV unter Übertragung einer Rektorstelle in Wuppertal; LASb, MK 5492: Personalien
von Schweig v. 13.3.1935; RMWEuV an Bürckel v. 12.3.1935, Bestallungsurkunde v. 1.3,
1935; StdASb, Großstadt/2906: [Neikes] Besprechung mit Gürich, Gents, Schwartz und
Bongard v. 8.2.1935.
460 BABL, R8037/1: Bongard an Aubin v. 29.12.1933 [3].
461 Hermann Overbeck und Georg Wilhelm Sante verfassten gemeinsam die Einleitung, „Die
Stellung der Saarlande“, Saar-Atlas, 2. Aufl., bearb. u. hg. i. A. d. Saar-Forschungsgemein¬
schaft v. id. in Verb, mit Hermann Aubin, Otto Maull, Franz Steinbach (Gotha: Perthes, 1934),
13-24, wobei Overbeck offensichtlich die Abschnitte „I. Die geographische Stellung“ (13-16)
und „III. Die wirtschaftliche Stellung“ (19-23) und Sante „II. Die politisch-historische
Stellung“ (16-19) und „IV. Die kulturelle Stellung“ (23-24) bearbeiteten.
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