Persönliche Konflikte
Im Verlauf der Arbeiten traten zwischen Sante und Overbeck einerseits, die für das
Gelingen des Saar-Atlasses sorgten, und Steinbach und Aubin andererseits
Verwerfungen auf. Sante zog die Leitung des Projektes an sich und wandte sich
eigenmächtig an Notgemeinschaft und Ministerien. Er enthielt Aubin genaue An¬
gaben über Druck und Karten und exakte Kostenberechnungen vor392 und sandte
ihm stattdessen lockere Sprüche nach Kairo. Wiederholt bekam Aubin die zweite
Strophe des Horst-Wessel-Liedes zu lesen, „daß an der Saar der S.A., lies: Saar-
Atlas, marschiere“.393 Schroff äußerte sich Aubin über Santes Befähigung: Er habe
sich als „zu unbrauchbar erwiesen, als dass ich ein solch kostspieliges und verant¬
wortungsvolles Unternehmen so weiterlaufen lassen könnte, wenn ich weiss[,] dass
es auf töner[n]en Füssen steht.“394 * Bei einer Besprechung kam es Anfang August
1930 zum Eklat. Um Sante zu zügeln,393 wollte Aubin den Umfang des Atlas-
Projektes beschränken und eine Kontrollkommission darüber einsetzen. Doch
Bongard, Sante und Overbeck hatten längst verabredet, den Saar-Atlas als „Trium¬
virat“ weiterzuführen. Sie wehrten, seinerzeit noch von Steinbach unterstützt,399
Aubins Kommissionsantrag ab und setzten durch, dass Bongard „ipso jure“ an
Aubins Stelle trete und mit den beiden Herausgebern die Leitung der Atlasarbeiten
übernehme.39 Aubin suchte die Revanche. Als man bei der SFG-Besprechung den
Tagesordnungspunkt finanzielle Fragen des Saar-Atlasses erreichte, schickte Aubin
Nichtmitglied Overbeck wie einen Bub vor die Tür. Overbeck war außer sich und
drohte damit, das Projekt zu verlassen. Sante glättete die Wogen und überredete
Aubin, Overbeck zur SFG zuwählen zu lassen.398
Neuzeitliche Geschichte
Sante stimmte die Arbeit am Saar-Atlas mit einer Vielzahl von Westforschern ab.
Er selbst wurde von der SFG mit der Erforschung der historisch-politischen Ge¬
schichte des Saargebietes, besonders des saarländischen Verhältnisses zu Frank¬
reich vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart betraut. Er untersuchte die Zeit
Ludwigs XIV. und der Reunionen, klärte die Geschichte von Saarlouis, ging der
Herrschaft Napoleons III. und der Saarfrage in den Jahren 1860-1870 nach und
92 HessHStA, 1150/68: Aubin an Bongard v. 3.7.1930, 1 ; Aubin an Sante v. 25.6.1930.
393 HessHStA, 1150/63: Sante an Aubin v. 28.3.1935, 2; cf. HessHStA, 1150/69: Sante an
Aubin (Kairo) v. 12.11.1931, 1 u. 4.
394 HessHStA, 1150/68: Aubin an Bongard v. 3.7.1930, 2-3: Dass dieser an Bongard gerichtete
Brief Aubins sich heute im Nachlass Santes befindet, sagt viel über das persönliche Verhältnis
in der Führung der SFG aus.
395 HessHStA, 1150/68: Aubin an Bongard v. 3.7.1930, 2.
396 HessHStA, 1150/68: Sante an Bongard v. 4.8.1930, 2.
,97 HessHStA, 1150/68: Sante, [Saar-ztr/a.s-Besprechung in] Kreuznach am 2.8.1930 [3]; cf.
Aubin an Bongard v. 22.10.1930.
398 HessHStA, 1150/68: Sante an Bongard v. 4.8.1930, cf Sante an Aubin v. 26.7.1930.
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