bergbau feste Preisrelationen zwischen Kohlenpreisen und Kokserlösen
aus. Im Gegenzug schloss die Versorgungswirtschaft langfristige
Lieferverträge über inländische Steinkohle ab.346
Jedoch konnte auch eine solche Regelung die betriebswirtschaftlichen
Mängel der Steinkohlengaserzeugung nicht prinzipiell beseitigen, son¬
dern allenfalls mildern. Die Gaswirtschaft versuchte deshalb, ihre Roh¬
stoffpalette zu ergänzen. Zu der klassischen Gasbereitung aus Kohle
traten in zunehmendem Maße Verfahren, bei denen überhaupt kein
Koks mehr anfiel. Dazu gehörte die so genannte restlose Vergasung,
bei welcher Steinkohle unter hohem Druck vollständig umgewandelt
wurde. Eine entsprechende Anlage mit einer Tageserzeugung von zu¬
nächst 1,9 Mio. Kubikmeter nahm als erste die RAG 1953 in Dorsten
in Betrieb.347
Neben der stärkeren Verwendung von Klärgasen griff die Gaswirt¬
schaft auch verstärkt auf die so genannten NM-Gase (Natur- und Mi¬
neralölgase) zurück. Dabei wurden Rohöl, Mineralölprodukte oder
Erdgas in speziellen Spaltanlagen und Verdampfungsanlagen umge¬
wandelt. Während die Schwachgaserzeugungsanlagen (Wassergasanla¬
gen, Generatoren) dazu dienten, das niederkalorige Gas dem Kohlegas
beizumischen, besaß das Gas aus flüssigen oder gasförmigen Kohlen¬
wasserstoffen (Benzin, Schweröl, Rohöl, Raffineriegas) mit dem Koh¬
lengas große Ähnlichkeit, stand ihm vor allem in puncto Brennwert in
nichts nach. Als zusätzlicher Vorteil solcher Verfahren stellte sich her¬
aus, dass sie sich zur Deckung von Bedarfsspitzen, etwa in den Win¬
termonaten eigneten. Auch unter finanziellen Gesichtspunkten lohnte
sich der Einsatz neuer Verfahrenstechniken: Während die Erzeugungs¬
kosten in Ortsgaswerken auf Kohlebasis nach einer Untersuchung von
Anfang der 60er Jahre zwischen 9,5 und ca. 19 Pfg./Ncbm schwankten,
konnte Gas aus Spaltanlagen für 8,6 bis 15 Pfg. erzeugt werden.348 1 9 5 8
machten die Spalt- und Verdampfungsanlagen mit einer Gesamt¬
kapazität von 2,1 Mio. Kubikmeter pro Tag bereits 16 Prozent der ge¬
samten Gaserzeugungskapazität der westdeutschen Ortsgaswerke
aus.349
Die abnehmende Bedeutung des Kohlengases bei gleichzeitigem Er¬
starken der NM-Gase verdeutlicht die folgende Tabelle. 1966 überstieg
das Aufkommen an NM-Gasen erstmals das der Kohlengase.
346 Ygi Energiewirtschaft (1960), S. 139
347 Ruhrgas (1994), S. 5
348 Vgi Untersuchung (1962), S. 223 und 226
349 Vgl. Fischer (1960), S. 33
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