E. Die Gasversorgung in der Nachkriegsära
1. Die Position der bundesdeutschen Gaswirtschaft unter verän¬
derten energiepolitischen Rahmenbedingungen
Neben der Lebensmittelbeschaffung machte sich die allgemeine Man¬
gellage der Nachkriegsjahre vor allem in der Energieversorgung be¬
merkbar. Ganz besonders betraf dies die leitungsgebundenen Energie¬
träger Strom und Gas, benötigten diese doch zuerst einmal funktionie¬
rende Leitungsnetze. Schon im Verlauf des Zweiten Weltkriegs stellten
die Versorgungsunternehmen Erneuerungs- und Umbaumaßnahmen
immer wieder zurück; die hohen Produkdonsanforderungen belasteten
die Anlagen auf Dauer bis an ihre Leistungsgrenze. Nach Kriegsende
wies ein Großteil des Leitungsnetzes schwere Beschädigungen auf oder
zeigte gar ein Bild vollständiger Zerstörung. Gleichzeitig kämpfte ge¬
rade die Kokereigaswirtschaft mit anderen Branchen und dem privaten
Hausbrand um die wenigen Kohlen. Da sowohl Ersatzteile als auch
Rohstoffe der allgemeinen Rationierung unterlagen, prägten Versor¬
gungsschwierigkeiten und Engpässe in der Brennstoffbeschaffung den
Nachkriegsalltag.334 Erst 1952 übertraf der Primärenergieverbrauch in
der Bundesrepublik den Vorkriegsstand, erreichte in der Folgezeit aber
hohe Wachstumsraten. Lag der Primärenergieverbrauch 1950 noch bei
ca. 127 Mio. Tonnen SKE, verdoppelte er sich bis 1963 auf knapp 254
Mio. Tonnen SKE.335
Stief (1948), S. 193: "Erst der Mangel an Kohle für die Heizung, das Betätigen der
elektrischen Schalter mit dem Ergebnis, daß der Strom abgeschaltet ist, das Aufdrehen
der Gashähne mit dem Ergebnis, daß kein Gas oder Gas von unzureichendem Druck
vorhanden ist, haben dem Durchschnittsmenschen gezeigt, daß diese Versorgungen
keine Selbstverständlichkeiten sind".
Zusammenstellung nach Esso (1968), Untersuchung (1962), S. 28
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