ginn führte jedoch zu langwierigen Bauunterbrechungen, sodass sich
die Fertigstellung der Leitung bis April 1941 verzögerte.
Eine neue energiewirtschaftliche Ausgangslage ergab sich mit der mili¬
tärischen Besetzung Frankreichs und der Annexion Elsaß-Lothringens
im Sommer 1940.314 Wie auch in den anderen westeuropäischen Län¬
dern Niederlande, Belgien und Luxemburg bestand das vordringliche
wirtschaftliche Ziel darin, die dortige Industrieproduktion für die deut¬
sche Rüstungswirtschaft nutzbar zu machen. Das galt auch für die Ko¬
kereien.
Lothringen besaß als klassisches Montangebiet bis zu Kriegsbeginn kein
geschlossenes Ferngasnetz. Zwar verfügte das Industrierevier über
mehrere Kokereien, doch nutzte man überschüssiges Gas lediglich im
Rahmen einer kleinen Bezirksversorgung.315 Schon Anfang August
1940 schlug Felix Vieler, der neben seiner Vorstandstätigkeit bei der
SFG auch das Amt eines Referenten des Bezirkswirtschaftsamtes
Wiesbaden begleitete, den Anschluss der Zeche Saar-Mosel in Carling
an das Leitungsnetz der SFG vor. Damit sollten die in Deutschland zur
Verfügung stehenden Kokereigasmengen steigen. Darüber hinaus
machte er sich für die Übernahme der Leitungen der regionalen Koke¬
reigesellschaft, der Société Basse-Moselle, in den Besitz der SFG
stark.316 In einem Gespräch beim Reichswirtschaftsministerium bot sich
Vieler an, eine genaue Prüfung des Gasangebotes vorzunehmen und
Vorschläge zur Leitungstrassierung vorzulegen. Er fasste ins Auge,
sogar die Kokerei in Straßburg in das südwestdeutsche Ferngasnetz zu
integrieren.317 Auf den Vorschlag zurückkommend erteilte das Reichs¬
wirtschaftsministerium der SFG Mitte Oktober 1940 den Befehl, Lei¬
tungen zwischen Metz und Carling sowie Carling und Völklingen zu
verlegen. Außerdem erhielt das Unternehmen den Auftrag, die genauen
Überschussgasmengen der lothringischen Kokereien zu ermitteln und
Vorschläge zum Verlauf zusätzlicher Leitungen auszuarbeiten.318
314 Nach Einschätzung von Wolfanger (1988), S. 269 f. ist es schwierig, einen ge¬
nauen Termin für die Annexion Lothringens zu benennen. Mit Ernennung des
Gauleiters Bürckel zum "Reichsstatthalter in der Westmark und Chef der Zivilver¬
waltung in Lothringen" am 15. Mai 1941 war die politische Eingliederung Lothringens
nach Deutschland auf alle Fälle abgeschlossen.
315 Lothringen verfügte über fünf Kokereistandorte: die Kokerei der Grube Saar-Mo¬
sel in Carling, die Kokereien der Carlshütte bei Diedenhofen, die Kokereien des Hüt¬
tenwerks Hagendingen, die Kokerei der Hütte in Groß-Mövern sowie die Kokereien
der Hütten in der Gegend von Longwy und Briey.
316 BA Koblenz: R 4/23: Schreiben vom 5.8.1940
31 BA Koblenz: R 4/23: Vieler an Reichswirtschaftsministerium vom 14.8.1940
31^ StA Sbr. G 24/7180: Vierteljahresbericht III/1940
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