Full text: 75 Jahre Saar Ferngas AG

Der Vierjahresplan, welchen Hitler am 18. Oktober 1936 erließ, diente 
dem Ziel, die Kriegsvorbereitungen zu intensivieren und eine weitge¬ 
hende Autarkie der deutschen Wirtschaft sicherzustellen. Mit einem 
Investitionsvolumen von ca. zehn Mrd. RAI - die gesamten Investitio¬ 
nen der Industrie zwischen 1936 und 1939 beliefen sich auf 13,1 Mrd. 
RM - sollte die landwirtschafdiche Produktion gesteigert, eine eigene 
Rohstoff- und Grundstoffindustrie aufgebaut, Devisen eingespart und 
Invesdtionen in Schlüsselbereichen der Volkswirtschaft vorgenommen 
werden. Dazu gehörten schwerpunktmäßig die Chemische Industrie, 
die Metallindustrie, die Eisen- und Stahlindustrie, der Maschinenbau, 
aber auch die Kohle- und Energiewirtschaft. Immerhin sollten anfangs 
elf Prozent der verplanten Invesdtionsmittel in den Energiesektor hie¬ 
ßen, hinzu kamen die Mittel für den Aufbau einer nadonalen Mineral¬ 
ölwirtschaft (16,7 %).240 
In außenwirtschaftlicher Hinsicht stand die Energiepolitik unter dem 
Vorzeichen, die Abhängigkeit von Energieträgerimporten durch den 
Ausbau von Kohlehydrier- und Kohleverschwelungsanlagen zur Er¬ 
zeugung von Wasserstoff, Kohleprodukten und Treibstoffen bis hin 
zur "Energieautarkie" zu minimieren.241 In Hinblick auf die Binnenwirt¬ 
schaft bestand die Maxime, die Primär- und Sekundärenergieerzeugung 
unter allen Umständen zu steigern, um die ehrgeizigen Vorgaben des 
Vierjahresplans zu erfüllen. Neben der Erhöhung der Steinkohle- und 
Braunkohleförderung um bis zu 20 Prozent war weiterhin beabsichtigt, 
die Erzeugungsanlagen und Leitungsnetze der Elektrizitäts- und Gas¬ 
wirtschaft - nicht zuletzt um das überschüssige Kokereigas vollständig 
unterzubringen - erheblich auszubauen. 
Zu diesem Zweck sollten insbesondere anschlusswillige Industrieunter¬ 
nehmen über das überregionale Ferngasnetz versorgt und zugleich in 
den neu entstehenden Verbrauchsschwerpunkten bestehende Gaswerke 
unter Umständen stillgelegt werden.242 * Als wichtigste praktische 
Umsetzung dieser Konzeption gelang es der RAG ihr Einflussgebiet in 
Richtung Süddeutschland erheblich zu erweitern. 1936 beantragte sie 
240 Ygj pet2ina (1968), S. 83; allgemein auch Ludwig (1974), S. 177 
~41 Zur Rolle der Kohlechemie Buschmann (1993), S. 47 ff. und Birkenfeld (1964); 
Petzina (1968), S. 30 ff.; bis 1943 wurden im Deutschen Reich insgesamt 13 Hydrier¬ 
werke errichtet, die teilweise mit Braunkohle, teilweise mit Braunkohlenteer und teil¬ 
weise mit Steinkohle als Rohstoff arbeiteten; hierzu Vollrath (1959), S. 47 
^4“ Sehr aufschlussreich zur Kontroverse zwischen den Anhängern der Ferngasver¬ 
sorgung und der Regionalversorgung sind die Debatten auf der Jahrestagung der 
Deutschen Gas- und Wasserfachmänner 1937 in Düsseldorf. Die Formel, hinter wel¬ 
cher sich sämtliche Versorgungsunternehmen nun wiederfinden sollten, lautete nun 
"Verbundwirtschaft" zwischen überregionalen Ferngasversorgern und lokalen Gas¬ 
werken. 
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