Full text: 75 Jahre Saar Ferngas AG

wirtschaftliche Faktoren wie den Mechanisierungsgrad des Betriebs und 
den technischen Standard der Erzeugungseinrichtungen reduziert.19 So¬ 
gar solche betriebswirtschaftlichen Vorteile der Ferngasversorgung be¬ 
streitet Elsas, der damalige Vizepräsident des Deutschen Städtetags. In¬ 
folge von Streiks in den Gaserzeugungsgebieten, der Unsicherheit einer 
kontinuierlichen Versorgung, vor allem aber der Kapitalvernichtung der 
bestehenden lokalen Gaswerke kommt er zu dem Ergebnis: "Ab¬ 
schließend kann also die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Zechenfemversorgung 
dahin beantwortet werden, dass eine Verbilligung des Gases für die Gemeinden 
durch den Femgasbegug im allgemeinen nicht gu erwarten ist".20 
Ein weißer Fleck in der Forschungslandschaft bleibt auch die Darstel¬ 
lung der Energiewirtschaft in der Phase des Nationalsozialismus. Bietet 
sich gerade das Dritte Reich für eine Untersuchung an, die nach den 
staatlichen Einflüssen in bestimmten Politikfeldern fragt, die das Wech¬ 
selspiel von privatwirtschaftlichen Initiativen und staatlichen Direktiven 
in den Blickwinkel nimmt, bleibt die Energie- und damit auch die Gas¬ 
versorgung in diesem Zeitabschnitt bis auf einzelne Aspekte ein Desi¬ 
derat der Forschung.21 
Neben einigen neueren regional- und lokalgeschichtlichen Arbeiten ü- 
ber die Gaswirtschaft22 gehört ein Artikel von Rebentisch aus dem fahr 
1976 zu den sehr gelungenen Beispielen für einen sozialwissen¬ 
schaftlichen Ansatz im Untersuchungsbereich. Ausgehend von einer 
Analyse der Diskussionen über die Rolle der Kommunalwirtschaft in¬ 
nerhalb des "organisierten Kapitalismus" der Weimarer Jahre stellt Re¬ 
bentisch am Beispiel der Städte Köln und Frankfurt die Interessenge¬ 
gensätze zwischen dem privatwirtschaftlich organisierten Ferngas und 
Hertz (1930); ähnlich ökonomistisch bleibt Bolz, der am Beispiel von Hannover 
betriebswirtschaftliche Kriterien entwickelt, unter welchen auch in anderen Städten 
ein Vertragsabschluß mit einem Ferngasunternehmen sinnvoll sein kann: Dazu rech¬ 
net er neben den Gaspreisen vor allem die Grenze, ab welcher die Versorgung der In¬ 
dustriekunden von den Kommunen an die Ferngasgesellschaften überging; ähnlich 
Bolz (1927) 
2^ Fllsas (1928), S. 772 f.; mit gleichem Tenor auch Merkel (1928) 
2^ Allgemein ist zu erwähnen Birkenfeld (1964), Petzina (1968), Ludwig (1978), Tei¬ 
chen (1984), Heilige (1986) und Zängl (1989) 
22 Vgl. etwa den Sammelband von Buschmann (1993) über das Kokereiwesen und die 
Kohleveredelung vor allem in Westdeutschland; den Katalog zur Ausstellung im Ga¬ 
someter Oberhausen "Feuer und Flamme" (1994) oder den Beitrag von Schell (1980) 
in "Industriekultur in Nürnberg". 
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