Neben der Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen versprach sich
der Ruhrbergbau von der Ferngasversorgung auch die Lösung des so
genannten Sortenproblems. Darunter verstand man den Sachverhalt,
dass bei der Steinkohleförderung verschiedenartige Kohlesorten anfal¬
len, die sich auch nach der Aufbereitung unterschiedlich gut absetzen
lassen. Nach ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer brenn¬
technischen Eigenschaften unterscheidet man:
Zusammensetzung und Brennwert der Kohlensorten*
Kohlensorte
chemische
Zusammensetzung
Brennwert
C
H
O + N
WE/kg Kohle
Gasllammkohlen
80,22
5,67
14,11
7.829
Gaskohlen
83,84
5,58
10,57
8.244
Fettkohlen
89,71
5,00
5,29
8.745
Magerkohlen
92,33
3,79
3,88
8.599
Anthrazit
91,62
4,14
4,24
8.649
Während sich Gas- und Gasllammkohlen aufgrund ihres hohen Gas¬
gehaltes besonders zur Verwendung in Gaswerken eigneten, Fettkohlen
in den Kokereien genutzt wurden, lag das Hauptverwendungsgebiet
von Ess- und Magerkohlen - die sie sehr gasarm waren und fast rauch¬
frei verbrannten - im Hausbrand.* 9 Jeder dieser Kohlensorten durchlief
nach der Förderung einen aufwendigen Aufbereitungsprozess, sodass
die Kohlen Stücke von Kopfgröße bis zum feinsten Staubkorn (Stück¬
kohlen, Nusskohle, Feinkohlen) umfassten. Auf diese Weise entstanden
bis zu fünfzig unterschiedliche Sorten, die unter bestimmten Marken¬
zeichen in den Handel gelangten.
Große Schwierigkeiten ergaben sich für den Ruhrbergbau dadurch, dass
sich die Kohlensorten nicht entsprechend ihrer Fördermenge absetzen
ließen. Insbesondere die Feinkohlen, die bis zu 50 Prozent der
Gewinnung ausmachten, fanden wegen ihrer schlechten Transportfä¬
higkeit nur geringen Absatz. Sie landeten i.d.R. auf Halden oder in der
Staubkohlenfeuerung in Kraftwerken. Auch preispolitische Maßnah¬
^ Zusammengestellt nach Dellweg (1934), S. 8
9 Vgl. Lücke (1933), S. 20 f.; Hartwig (1936), S. 273
239