1956 das Eingliederungsgesetz auch ohne diesen Passus in den Landtag einbringen
mußte.26
Die konkreten Bestimmungen des Eingliederungsgesetzes regelten dann hauptsäch¬
lich die Sachfragen, die sich in juristischer und administrativ-politischer Hinsicht aus
den vorangegangenen Regelungen im Saarvertrag ergaben.2 Die Fragen dagegen,
welche die finanzpolitische Ausgestaltung der Übergangszeit und die wirtschafts¬
politischen Maßnahmen für das Saarland betraten, wurden recht formal und unpräzise
geregelt.28 29 Detailliert berücksichtigt wurde nur die Übertragung der saarländischen
Eisenbahnen und der Post auf den Bund (§§ 11-13), wobei die vom Saarland ur¬
sprünglich erhobene Forderung nach weitreichendem Bestandsschutz der Mit¬
arbeiter24 keine Aufnahme in das Gesetz fand. Die im Eingliederungsgesetz letztlich
fixierten Regelungen wurden daher der ursprünglich hoch eingeschätzten Bedeutung
des Gesetzes kaum gerecht.
2.1.2 Die Übergangszeit als Sonderregime
Dies ist zum großen Teil damit zu erklären, daß keine Einigkeit über grundlegende
Prinzipien des Eingliederungsvorgangs bestand. Derartige Prinzipien wurden in den
normativen Texten zur Ausgetaltung der Eingliederung auch gar nicht erst formuliert;
vielmehr trafen sehr unterschiedliche, teilweise in bestimmten Traditionen stehende
und kaum vereinbare Vorstellungen über die wirtschaftliche Lage des Saarlandes und
ihrer Weiterentwicklung zusammen. Diese lassen sich daher nur deduktiv aus den
von den Verhandlungspartnern bezogenen Positionen sowie vor allem aus den Be¬
stimmungen des Saarvertrages und des Eingliederungsgesetzes ableiten, die insofern
gemeinsam als die im Jahr 1956 gelegte Grundlage der Übergangszeit zu verstehen
sind. Stark von den Auseinandersetzungen um die prekäre Autonomie des Saarlandes
in der Vergangenheit geprägt waren die Aspekte der Übergangszeit, die dem Saarland
mehr Autonomie und Selbstbestimmung in wirtschaftlichen Fragen verschaffen
sollten.30 Zu nennen sind hier v.a. die Neuordnung der Verwaltung der Saarbergw'er-
26 LASB StK 1714, Kabinettsprotokoll v. 10.12.56.
27 Zu nennen sind hier vor allem die politische Eingliederung, die Vertretung des Saarlandes im Bundestag
(§§ 1 und 2) sowie das Verfahren zur Einführung der DM und des deutschen Wirtschaftssystems nach Ende
der Übergangszeit (§§ 17 und 18). Der Schwerpunkt der vereinbarten Regelungen lag jedoch auf der Frage
der Anpassung der Rechtssysteme und der juristischen Gestaltung des rechtlichen Sonderregimes während
der Übergangszeit (§§ 3-9, 14-16).
28 Vor allem in §10 Absatz 4; „Der Bund gewährt dem Saarland in jedem Rechnungsjahr eine Finanzhilfe,
um einen auf andere Weise nicht auszugleichenden Fehlbedarf im Landeshaushalt zu decken und eine
Anpassung der Wirtschaft im Saarland an die Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsentwicklung im übrigen
Geltungsbereich des Grundgesetzes zu fördern. Auch die Länder können eine solche Finanzhilfe gewäh¬
ren,“
29 LASB StK 1714, Kabinettsprotokoll v. 14.11.56.
,0 Dieser Aspekt spielte in der öffentlichen Diskussion bereits von Beginn an eine wichtige Rolle, ausführ¬
lich hierzu Cahn, Second retour, S. 77ff.
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