Full text: Das Saarland im doppelten Strukturwandel 1956 - 1970 (36)

die aus den Prinzipien der Regionalpolitik entwickelten Förderkonzeptionen einer 
wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen, wobei insbesondere die Wiederver¬ 
einigung und die damit verbundenen Veränderungen in der regionalpolitischen 
Förderkulisse hohe Aufmerksamkeit erregten.14 
In scharfem Kontrast dazu brachten die späten 60er Jahre in Frankreich das öffent¬ 
lichkeitswirksame Scheitern neuer regionalpolitischer Ansätze. Das symbolträchtigste 
Ereignis stellte hierbei sicherlich die Ablehnung der von Charles de Gaulle vor¬ 
geschlagenen Neufassung der Regionalpolitik dar. Allerdings hatte das spannungsrei¬ 
che Verhältnis zwischen zentralistischen und dezentralistischen Tendenzen die 
Strukturpolitik in Frankreich praktisch während des ganzen 20. Jahrhunderts ge¬ 
prägt.20 Schon die erheblichen ökonomischen Probleme während des Ersten Welt¬ 
kriegs hatten zu dem Versuch geführt, dezentrale administrative Einheiten mit be¬ 
schränkter lokaler Autonomie einzurichten. Die Wirtschaftspolitik Frankreichs nach 
dem Zweiten Weltkrieg folgte dagegen zunächst einem zentralistischen und hoch¬ 
gradig interventionistischen Modell. Nach der Überwindung der unmittelbaren 
Kriegsfolgen fand hier bereits früher als in Deutschland die Ausrichtung auf eine 
Politik zur Stabilisierung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums Verwendung,21 die 
land: Wirkungsweise und zielkonforme Gestaltung, Münster 1989 (= Beiträge zum Siedlungs- und 
Wohnungswesen und zur Raumplanung 129). Einen in dem hier zu diskutierenden Kontext interessanten 
Hinweis liefern Kröber-Weik u. Wied-Nebbeling, Wirtschaftskraft, S. 5, die derartige Ansätze hinsichtlich 
des ihnen innewohnenden „Theoriedefizits“ problematisieren: Da keine allgemeingültigen Aussagen über 
den Zusammenhang der Variablen in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vorliegen, stellt die 
sachgerechte Disaggregation makroökonomischer Ansätze ein grundlegendes methodisches Problem dar. 
19 Eine systematische Darstellung des - allerdings in sehr dynamischer Entwicklung befindlichen - 
Forschungsstands zu diesem Komplex bietet Frank Nägele, Regionale Wirtschaftspolitik im kooperativen 
Bundesstaat. Ein Politikfeld im Prozeß der deutschen Vereinigung, Opladen 1996. Aufschlußreich ist der 
Versuch von Rüdiger Budde, Hans-Friedrich Eckey, Paul Klemmer, Bernhard Lageman u. Heinz 
Schrumpf, Die Regionen der fünf neuen Bundesländer im Vergleich zu anderen Regionen der Bundesre¬ 
publik, Essen 1991, die eine im Sinne der GRW „angemessenere“ Regionaleinteilung der fünf neuen 
Länder auf Basis von Arbeitsmarktdaten vorschlagen. Zu methodischen Fragen vgl. Agnes Asch- 
falk-Evertz, Die wirtschaftliche Förderung in den Neuen Bundesländern. Eine systematische Untersuchung 
der theoretischen Grundlagen und ihrer praktischen Anwendung in Brandenburg, Berlin 1995. Umfassend 
zu den durch die Wiedervereinigung entstandenen Belastungen des föderalen Finanzausgleichssystems: 
Jens Altemeier, Föderale Finanzbeziehungen unter Anpassungsdruck. Eine vergleichende Untersuchung 
zur Regelung vereinigungsbedingter Verteilungskonftikte in der bundesdeutschen Verhandlungsdemokra¬ 
tie, Konstanz 1998. Umfassend zur finanzpolitischen Perspektive: Georg Hirte, Effizienzwirkungen von 
Finanzausgleichsregelungen. Eine empirische allgemeine Gleichgewichtsanalyse für die Bundesrepublik 
Deutschland, Frankfurt a.M. 1996. Zu den mit der fortschreitenden Integration auf europäischer Ebene 
ausgelösten Problemen: Barbara Seidel, Die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Europäi¬ 
schen Gemeinschaften als Problem des Finanzausgleichs, Frankfurt a.M. 1992. 
20 Einen differenzierten Überblick bietet Wolfgang Brücher, Zentralismus und Raum. Das Beispiel 
Frankreich, Stuttgart 1992. Vgl. hierzu auch Wilfried Loth. Der Durchbruch zur Dynamisierung: Die 
französische Gesellschaft in den 50er Jahren, in: Axel Schildt u. Arnold Sywottek (Hgg.), Modernisierung 
im Wiederaufbau. Die westdeutsche Gesellschaft der 50er Jahre, 2. Aufl. Bonn 1998, S. 69-80. 
21 Vgl. hierzu die präzise Gegenüberstellung von planerischen Grundlagen der Wirtschaftsförderung in 
Frankreich, dem empirischen Befund und der volkswirtschaftlich-dogmatischen Perspektive, in F. Jenny 
u. A.-P. Weber, Concentration et politique des structures, Paris 1974 (= La Documentation française). 
Interessant ist übrigens, daß der in vergleichbaren deutschen Arbeiten erfolgende Rekurs auf die Raum¬ 
wirtschaftstheorie hier unterbleibt; stattdessen werden hauptsächlich neoklassische Wachstums- und 
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