durch Wandel grundlegender Elemente der politischen und wirtschaftlichen Situation
die regionale Machtverteilung immer wieder stabilisierten.
Die dritte Fragestellung der folgenden Untersuchung bezieht sich auf die Einglie¬
derung als Problem für die internationale Politik und als wechselseitige Heraus¬
forderung von Landespolitik und Föderalismus. Welchen Beitrag leistete die interna¬
tionale Diplomatie nach 1955 zur Lösung der Saarfrage und inwiefern erwies sich in
den dort vereinbarten Regelungen diese Form der Problemverarbeitung als den zur
Diskussion gestellten Aufgaben als angemessen? Wie ist die Leistungsfähigkeit des
bundesdeutschen Föderalismus hinsichtlich der mit der Eingliederung verbundenen
Schwierigkeiten, insbesondere im außenwirtschaftlichen und finanzpolitischen
Bereich, einzuschätzen? Wie bewältigte die Landespolitik die mit dem Referendum
verbundenen politischen, aber auch mit den darauf folgenden ökonomischen Proble¬
men verbundenen Anforderungen, und welche Mechanismen führten zur Stabilisie¬
rung der Machtverteilung innerhalb des Landes, dessen Autonomie in politischen
Fragen durch die Abstimmung vom 23. Oktober grundsätzlich in Frage gestellt zu
sein schien?
h= * *
Bei der Umsetzung dieser Fragestellung in ein konkretes Projektdesign gebieten
mehrere Gründe eine Beschränkung. Neben forschungspraktischen Erwägungen ist
hierbei vor allem der Stand der historischen Forschung zu nennen, der, wie bereits
aufgezeigt, für die Geschichte des Saarlandes in den 60er Jahren eine fast vollständi¬
ge Lücke aufweist. Andererseits hat jedoch die Forschungstätigkeit anderer Diszipli¬
nen, wie z.B. der Rechts- und Finanzwissenschaft, der Wirtschaftswissenschaft oder
der Wirtschafts- und Humangeographie, in teilweise bereits seit Jahren laufenden
Forschungsprozessen zu weitreichenden regionalwissenschaftlichen Erkenntnissen
geführt. Der in der folgenden Untersuchung verwendete Ansatz einer Nutzbarma¬
chung dieser Erkenntnisse für die zeithistorische Regionalforschung und der damit
verbundene Versuch, mit diesen Disziplinen in ein wissenschaftliches Gespräch
einzutreten, kann allerdings kaum einen weitergehenden Rang als den einer Pilot¬
studie beanspruchen. Dies gilt um so mehr, als das mit der Fragestellung dieser Arbeit
verbundene Erkenntnisinteresse an der gesellschaftlichen Verarbeitung des Struktur¬
wandels in dieser Breite zwar theoretisch-methodisch, in einer Einzelstudie kaum
aber forschungspraktisch und quellentechnisch umsetzbar ist.
Bei der Auswahl der für die Untersuchung herangezogenen Quellen fand daher ein
Ansatz Verwendung, der die regionale Verarbeitung von Problemen des Strukturwan¬
dels primär als politischen Prozeß versteht. Zur Untersuchung dieses Prozesses stand
mit den Kabinettsprotokollen der saarländischen Landesregierung eine ebenso breite
wie hochwertige Quellenbasis zur Verfügung. Ergänzt werden konnte dieser Bestand
um die Akten der Spitzenebene von Politik und zentraler Verwaltung im Saarland, die
53 Gerhard Lehmbruch, Parteienwettbewerb im Bundesstaat. Regelsysteme und Spannungslagen im
politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 3. Autl. Wiesbaden 2000,
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