Full text: Obrigkeit und Untertanen

2. Der Kampf der nassau-saarbrückisehen Landgemeinden um die Nutzung am 
Wald 
a) Zur Ausgangslage: Die relative Forstautonomie der Landgemeinden 
Bevor wir uns der Reaktion der Landgemeinden auf die Forstpolitik der Usinger 
Herrschaft zuwenden, wollen wir einen Blick auf die Ausgangslage werfen, um zu 
sehen, ob und inwieweit die nassau-saarbrückischen Gemeinden ihre Forstangelegen¬ 
heiten vor der nassau-usingischen Herrschaftsübemahme selbständig regelten. Auf 
dieser Gmndlage können wir nämlich erst so recht beurteilen, wie stark der Usinger 
Eingriff in den kommunalen Forstbereich war. Wir behandeln jetzt also - wenn man 
so will - für den Forstbereich die kommunale Kehrseite der herrschaftlichen 
Territorialisierungspolitik und tragen damit der historischen Tatsache Rechnung, 
"daß offenkundig zwischen der politischen Gesamtstruktur der Territorienbildung 
und der Stärke des gemeindlichen Wesens ein enger Zusammenhang bestand - ein 
schwacher Territonalherr und eine starke Gemeinde waren sicher eine feste Relati¬ 
on"1. Daß in Nassau-Saarbrücken der Territonalherr bis zur Usinger Herrschaftsüber¬ 
nahme im Frühjahr 1728 relativ schwach war, haben wir im vorangegangenen 
Kapitel gesehen. Demnach müßte die Stellung der Gemeinden bis zu diesem Zeit¬ 
punkt recht stark gewesen sein. In der Tat konnte Norbert Mathias Scherer in seiner 
Arbeit über die Landgemeindeverwaltung in Nassau-Saarbrücken nachweisen, daß 
die Landesherm zwischen dem Rijswijker Frieden und der Usinger Regiemngszeit 
"nur selten in die Verhältnisse der Landgemeinden" eingegriffen haben, was er auf 
die "allgemeinen Zeitumstände", d.h. die Kriege und Krisen des 17.Jahrunderts 
zurückführte: "Nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges, der Einstellung der 
nassau-lothringischen Auseinandersetzungen um die Grafschaft Saarwerden, nach 
den Reichskriegen Ludwigs XIV. und nach Beendigung der langjährigen 
Besatzungszeiten während der französischen Reunionen mußte das politische Wirken 
darauf gerichtet sein, die Kriegswunden zu heilen, das Land wieder aufzubauen, zu 
bevölkern und zu befrieden und die eigenen Herrschafts- und Hoheitsrechte wieder 
herzustellen. Dies konnten die Landesherm nicht durch gegen die Landbevölkerung 
gerichtete Maßnahmen, sondern nur dadurch erreichen, daß sie den Dorfbewohnern 
Zeit und Gelegenheit zu neuem Beginnen und Werken boten. Gemeindegeschichtlich 
bedeutete dies, daß sie ihnen die Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Ge¬ 
meinschaft selbst überließen und sich eigener Eingriffe in das Leben der ländlichen 
Gemeinwesen soweit möglich enthielten"2. Demnach bestand in Nassau-Saarbücken 
bis ins erste Drittel des 18 Jahrhunderts eine relativ hohe kommunale Autonomie. 
1 Press, Kommunalismus, S.124. 
: Scherer, Landgemeindeverwaltung, S. 165f.; Scherer nennt hier das Jahr 1737 als Zäsur, weil dann die 
ersten staatlichen Dorfordnungen eingeführt wurden. 
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