der Herrschaft - wie gesagt - nicht zur Legitimierung der ersten Waldordnung
schlechthin, sondern lediglich als Rechtfertigung des erstmaligen Versuchs, die
bisher offenbar recht freizügige Holzentnahme der Untertanen aus den herrschaft¬
lichen Waldungen einer gewissen Ordnung zu unterwerfen229. Der herrschaftliche
Angriff auf die Beholzigungsrechte betraf vor allem das Bau-, Brenn- und Zaunholz,
das sich die Untertanen bislang nach Notdurft gratis holen durften und das nunmehr
bei Strafe vom Oberforstmeister angewiesen und zum Teil auch noch bezahlt werden
mußte230; weitere Holzabgaberegelungen betrafen die Wagner und Küfer, denen
zwei- bzw. viermal im Jahr vom Oberforstmeister Holz angewiesen werden sollte,
und einige kleinere Artikel, die auf den ordnungsgemäßen Umgang mit der wertvol¬
len Ware Holz abzielten. Während die Reglementierung der Beholzigungsrechte den
größten Raum einnahm, wurde der Waldweide als eurer weiteren wichtigen Waldnut¬
zungsart der Untertanen kaum gedacht: Von der Viehweide generell hieß es le¬
diglich, daß sie in den herrschaftlichen Wildbahnen verboten sei231. Der Waldfeldbau
auf dem Rodtland, die sogenannte Rodtheckenwirtschaft, die für die Untertanen eine
ebenfalls wichtige Waldnutzungsform darstellte232, wurde zwar weiterhin gestattet,
aber unter die Aufsicht des Oberforstamts gestellt233. Es bleibt festzuhalten: Im
Mittelpunkt der ersten nassau-saarbrückischen Waldordnung stand die Erhaltung und
der Schutz des herrschaftlichen Waldes, der unter die Aufsicht des neu gegründeten
Oberforstamts gestellt wurde; die Waldbestandserhaltung wurde durch reine
Holzschutzbestimmungen und hauptsächlich durch die Reglementierung der zuvor
relativ unbegrenzten Beholzigungsrechte der Untertanen zu erreichen gesucht; das
herrschaftliche Jagdinteresse war dabei ebensowenig ein handlungsleitendes Motiv
wie die Furcht vor einer drohenden Holznot, die angesichts des damals noch großen
Holzreichtums in Nassau-Saarbrücken234 viel eher als ein vorgeschobenes Argument
erscheint, mit dessen Hilfe man eventuell wie andernorts auch "das Holz zu einem
knappen Gut machen wollte, um die fürstlichen Kassen zu füllen"235. Da die
Waldordnung sich nur auf den herrschaftlichen Wald bezog, blieben die beiden
229 Vg], dagegen Ebert, Waldnutzung, S.43f., der fälschlicherweise die Furcht vor einer Holznot "zum
ersten Mal" in der Ottweiler Waldordnung von 1716 zu erkennen glaubt, was nur auf seine Unkennt¬
nis der ersten, nicht bei Sittel abgedruckten Waldordnung von 1603 zurückzuführen ist; denn hier
bereits findet sich exakt die Passage, die Ebert aus der bei Sittel abgedruckten Waldordnung von 1716
zitiert und als absolutes Novum ausgibt.
230 Vgl. die Regelung der Beholzigungsrechte der Untertanen in der nassau-saarbrückischen Wald¬
ordnung vom l.Januar 1603: LA SB 22/2307 (Abschrift), S.9-11 (zit.9), 14-16 u. 18-21; allein schon
der Umfang der diesen Punkt betreffenden Bestimmungen belegt seine Bedeutung.
231 Nassau-saarbrückische Waldordnung vom l.Januar 1603: LA SB 22/2307 (Abschrift), S.9.
232 Vgl. zur Rodtheckenwirtschaft in Nassau-Saarbrücken weiter unten Kap.1.2a)
233 Nassau-saarbrückische Waldordnung vom l.Januar 1603: LA SB 22/2307 (Abschrift), S. 11.
234 Vgl. Collet, Wirtschaftsleben, S.28ff.
235 Vgl. allgem. dazu die intensive Auseinandersetzung mit dem Problem der Holznot bei Radkau,
Holzverknappung, S.513-543 (zit. S.516); ders., Energiekrise, S. 1 -37; s. dagegen Blickle, Wald, S.39,
der ohne weitere Belege behauptet, daß das Holz "spätestens um 1500 knapp geworden (war)".
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