konnte zentral von Usingen aus fiir alle Landesteile durchgeführt werden. In Usingen
wurde die Einnahme dieser Gebühren nicht mehr von der Regierung bewerkstelligt,
sondern fortan der Rentkammer übertragen178 179. Die Einführung der Usinger Sportel¬
ordnung ist allerdings im Zusammenhang mit einem Protest zu sehen, den die
nassau-saarbrückischen Untertanen, und hier an erster Stelle die Köllertaler Bauern,
gleich nach der vormundschaftlichen Herrschaftsübemahme angezettelt hatten. Auch
die für 1730 geplante Advokaten-Ordnung, welche die Gebühren für die neu einge¬
führten Untertanen-Advokaten regeln sollte, stand im Kontext dieses ländlichen
Protests180. Dasgleiche gilt für die erleichternde Bestimmung bezüglich des Leib-
schafts, einer Personalsteuer, von der fortan jeder Untertan, der über 60 Jahre alt war,
befreit sein sollte181. Schließlich läßt sich ein ganz wesentlicher Bereich der vor¬
mundschaftlichen Reformpolitik, nämlich das Forstwesen seinem ganzen Umfange
nach gar nicht richtig einordnen ohne den Protest der Stadt- und Landuntertanen. Wir
werden gleich gesondert davon handeln.
Last but not least muß noch auf ein besonders wichtiges Faktum vormundschaftlicher
Politik eingegangen werden: Erst gegen Ende der vormundschaftlichen Regierungs¬
zeit im Jahre 1737 wurden in Nassau-Saarbrücken die ersten staatlichen Dorfordnun-
gen erlassen, die an die Steile der alten Gemeindeordnungen traten182. Norbert
Mathias Scherer hat in seiner Untersuchung über die Landgemeindeverwaltung in
subalternen Beamten, der sie der Usinger Hofkammer abführte, vgl. dazu auch Geck, Fürstentum,
S.37 u.Anm.2; im April 1732 wurde von Usingen nochmals an die herrschaftliche Intention einer
gleichmäßigen Einführung des Stempelpapiers erinnert, vgl. die beiden Schreiben der Usinger
Regierung v. 7.April 1732: LA SB 22/4291, fol.lf.; vgl. dazu auch die Erwähnung des Antwortschrei¬
bens aus Saarbrücken bei Geck, Fürstentum, S.27 (mit falscher Jahreszahl: 1722 statt 1732), die
allerdings fälschlicherweise annimmt, daß dies auf einen Vorschlag Schmolls zurückging.
178 Am 18.Dezember 1730 ist von Usingen aus ein Sportelreglement erlassen worden, u.a. auf den Protest
der Köllertaler Bauern, vgl. die nachgefugte Marginalie bei den zusammengefaßten Punkten 23-25 der
Resolution der Fürstin auf den Protest der nassau-saarbrückischen Untertanen, Usingen 15.Mai 1730:
LA SB 22/2309, S.57-63; s.a. das Gutachten des Usinger Regierungsrats Thilen zu den Beschwerden
der nassau-saarbrückischen Untertanen, Usingen 7.Mai 1730: ebd., S.l 13; vgl. zur zentral erlassenen
Sportelordnung von 1730 und den späteren VerbesserungsVorschlägen Geck, Fürstentum, S.36f.
179 Vgl. Geck, Fürstentum, S.36f.
1(0 Vgl. das Gutachten des Usinger Regierungsrats Thilen zu den Beschwerden der nassau-saarbrücki¬
schen Untertanen, Usingen 7.Mai 1730: LA SB 22/2309, S.l 13.
181 Selbständige Kinder hingegen sollten drei Gulden Schirmgeld zahlen, vgl. Gerhard, Steuerwesen,
S.23f. mit der weiterführenden Literatur; s.a. Karbach, Bauernwirtschaften, S.190f. Beim Leibschaft
handelt es sich um eine Personalsteuer, die zunächst nur von den nicht begüterten Untertanen zu
entrichten war und dann auch auf die begüterten übertragen wurde.
187 Die Dorfordnungen wurden vorerst nur für die Meiereien der Grafschaft Saarbrücken erlassen, s.
Ruppersberg, Grafschaft II, S.231; vgl. hierzu z.B. Dorfordnung der Meierei Köllertal und Berschwei¬
ler, Saarbrücken lö.November 1737: LA SB 22/4352 Lu.II; Dorfordnung des Völklinger Hofs v. 31.
Oktober 1737: LA SB 22/4522, fol.1-15, Teiiabdruck in: Sittel, Sammlung, S.224-238; s.a. Rüg,
Familien, S.l5; die Meiereien der Herrschaft Ottweiler erhielten sogar erst 1757 ihre Dorfordnungen
vgl. Sittel, Sammlung, S.702ff.
72