Full text: Obrigkeit und Untertanen (32)

Rechtschreibung"161 wie das neue, vom Staat gesetzte Recht nicht nur an die Stelle 
des alten Rechtsbegnffs, sondern in letzter Konsequenz auch an die Stelle des 
Gnadenbegriffs zu treten begann162. In Bezug auf die bislang nicht regulierten Fronen 
empfahl Schmoll, mit jeder Meierei einen Fronkontrakt auf bis zu 10 Jahre zu schlie¬ 
ßen, wobei die bisherige alternative Abgabeform in Naturalien oder in Geld durchaus 
beibehalten werden könne, es ginge nur darum, daß mann ein gewisses Reglement 
hatt und nichts arbitrio des Landcammermeisters und Renthmeisters gehandelt 
werden kann; Schmoll, der selbst schon - allerdings ergebnislos - versucht hatte, 
mit der Meierei Köllertal einen Fronkontrakt über ein bestimmtes Frongeld zu 
schließen, hielt dafür, daß man über emen solchen Vertrag vorher mit den Untertanen 
verhandeln müsse163. Bei den Landgeldem, die sich aus Reichs-, Kreis- und 
landesherrlichen Steuern zusammensetzten und jährlich in die Grafschaft außge- 
schlagen wurden, fand er, sei eine genaue Einsicht erforderlich, weshalb zu Anfang 
eines jeden Jahres eine exakte Spezifikation der auszuschreibenden Gelder erstellt 
und zur Ratifikation an die Herrschaft gesandt werden müsse, damit die Untertanen 
nicht über Gebühr belastet würden164. Schmoll machte noch weitere Vorschläge, die 
die Zehnten, die Zölle, die Getränkesteuer, den Weinverkauf, die Verpachtung von 
Branntwein, Wein und Tabak und vieles mehr betrafen165. Der nassau-usingischen 
Fürstin war es nicht möglich, alle Reformvorschläge in die Praxis umzusetzen, denn 
"die Zeitumstände, welche durch die neu eingebrochenen Kriegesereignisse (des 
polnischen Erbfolgekrieges, K.R.) herbei geführt wurden, verhinderten die völlige 
Durchführung ihrer guten Absichten, die erst unter der Regierung ihres Sohnes 
Wilhelm Heinrich verwirklicht werden konnten"166. Dennoch: Einige Reformma߬ 
nahmen wurden auch unter nassau-usmgischer Vormundschaft verwirklicht. 
Fürstin Charlotte Amalie schuf - so heißt es - "gemeinsam mit einem geschickt und 
umsichtig ausgewählten Beamtenstab, die Grundlagen eines modernen absolutisti¬ 
schen Staates, auf denen ihre Söhne, Karl in Usingen und Wilhelm Heinrich in 
Saarbrücken, weiterbauen konnten"167. Der Anteil der Beamtenschaft an der 
absolutistischen Reformpolitik der vormundschaftlichen Herrschaft ist unklar168. Was 
die Urheberschaft der Reformen angeht, dürfte wohl dasgleiche gelten wie für die 
l6! Vgl. Kern, Recht, S.23. 
163 Vgl. Brunner, Gottesgnadentum, S.160-186. 
163 Schmoll-Bericht, Jugenheim 4.Mai 1731: LA SB 22/2461, fol.38-42 (zit.41 v.); schon die Länge, die 
Schmoll diesem Punkt widmet (rund 12 Seiten), zeigt die Bedeutung. 
164 Ebd., fol.22; zu den Landgeldem in Nassau-Saarbrücken vgl. Gerhard, Steuerwesen, S.140ff. 
165 Vgl den Schmoll-Bericht, Jugenheim 4. Mai 1731: LA SB 22/2461, fol. 19-52. 
166 Köllner, Land, S.442; vgl auch Herrmann, Menhire, S.17f.: "Erst gegen Ende der 1730er Jahre 
bahnten sich stabilere Verhältnisse an" (S.18). 
167 Vgl. Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.21. 
i6K Vgl. allgem. zum Problem des nicht erforschten Anteils der Beamtenschaft an der aufgeklärten 
Reformpolitik in Nassau-Saarbrücken Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.62-64. 
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