liehst gültiges System zu entwickeln", scheiterte jedoch sehr oft an der "Verschieden¬
heit der Ämter" und damit auch an dem jeweils unterschiedlich beschaffenen
'Herkommen', das sich einer straffen Zentralisierung entzog146.
Angesichts des Erbanfalls des nassau-saarbrückischen Territoriums sprach die
Usinger Kanzleiordnung vom 21.April 1729 von "erweiterten Aufgaben" und hob
damit auf die Notwendigkeit ab, weitere Unterbeamte anzustellen'47. Das Hauptge¬
wicht bei der Landesübemahme Nassau-Saarbrückens fiel auf die Kammer und nicht
auf die Kanzlei, die vornehmlich eine Justizbehörde war. Von daher war es wohl¬
überlegt, daß die Wahl bei der Ernennung des Saarbrücker Landkammermeisters den
bisherigen Wiesbadener Rentmeister Nicolaus Spahr traf und nicht einen Beamten
der Saarbrücker Verwaltung. Dem Landkammermeister oblagen sämtliche finanziel¬
len Geschäfte, er unterstand der Hofkammer in Usingen, mit der er jährlich abzurech¬
nen hatte148. In die gleiche Richtung, nämlich "die Landesprodukte möglichst
auszunutzen", ging die Entscheidung der Fürstin, den ehemals hessen-darmstädti¬
schen Hof- und Jagdjunker Friedrich Franz von Botzheim, der seit 1725 als Ober¬
forstmeister für die Herrschaft Ottweiler zuständig war, zum Oberforstmeister in den
links des Rheins gelegenen nassauischen Graf- und Herrschaften zu ernennen149; ein
Bestallungsreglement von 1729/30 nennt den Oberforstmeister von Botzheim an der
Spitze der überrheinischen Dienerschaft, womit seine hervorgehobene faktische
Stellung zum Ausdruck kam150. Als Zwischenfazit läßt sich für die Einbeziehung des
linksrheinischen Landesteils festhalten, "daß die Verordnungen der Fürstin darauf
abziel(t)en, einen zentralen Überblick zu schaffen. Besondere Fürsorge galt der
Rentkammer, also der wirtschaftlichen Nutzung des Landes, während die Ordnung
der Kanzleigeschäfte erst in zweiter Linie erfolgte"151. Die von der Vormünderin aus
pragmatischen Erwägungen vorgenommene Rationalisiemng der Verwaltung vollzog
sich allerdings nicht im politisch luftleeren Raum, sie war eingebunden in den 'Geist
des Zeitalters', d.h. der Frühaufklärung.
107.
146 Vgl. Geck, Fürstentum, S.55.
,4"’ Zit. nach ebd., S.31.
148 Vgl. ebd., S.25; Rumschöttel (Verwaltungsorganisation, S. 130-140) behandelt das so wichtige Amt
des Landkammermeisters nicht und geht auch nicht auf den für die Lokalverwaltung bezeichnenden
"Dualismus von Kanzlei und Kammer" ein (vgl. Geck, Fürstentum, S.55). Die Landkammer unter
vormundschaftlicher Herrschaft ist als die Vorläuferbehörde der späteren Rentkammer anzusehen.
149 Zur Ernennung von Botzheims und seiner bisherigen Stellung vgl. Hoppstädter, Hofadel, S.101; zum
wirtschaftlichen Interesse der Fürstin Geck, Fürstentum, S.25.
150 Vgl. Geck, Fürstentum, S.24; die hervorgehobene Stellung von Botzheims war auch daran abzulesen,
daß die Witwe des verstorbenen Grafen Friedrich Ludwig ihn ausgewählt hatte, der nassau-usingi-
schen Fürstin und künftigen Landesregentin die Todesnachricht zu überbringen (vgl. oben Kapitel
I.la).
151 Geck, Fürstentum, S.27.
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