Friedrich von Bode, aus41. Diese Vollmachtsurkunde ist von außerordentlicher
Bedeutung, weil sie eines der wenigen Selbstzeugnisse der Vormünderin darstellt42.
Von Gottes Gnaden Wir Charlotte Amalie haben - heißt es da im Pluralis majestatis -
nach dem Tod Graf Friedrich Ludwigs gemäß dem Inhalt der Erbeinigungsverträge
als verordnete Landes Regentin Uns der Regierung über die erledigte(n) Land und
Leuthe biß zur Großjährigkeit Unseres ältesten Prinzen (...) zu unterziehen und zu
diesem Ende von sambtl(ichen) Unterthanen die vormundschaftl(iche) Huldigung
einzunehmen. Da die Fürstin sich aber dermahlen verhindert sah, die Huldigung in
Person zu empfangen, erteilte sie ihrem Geheimen Revisionsrat Friedrich von Bode
Vollmacht und Gewalt, daß er cum facultate substituendi die vormundschaftliche
Huldigung in den Grafschaften Saarbrücken und Saarwerden mitsamt der Vogtei
Herbitzheim und in der Herrschaft Ottweiler entweder per caput durch Vorladung
derer geistlichen Landmeyern und Vorstehern der Gemeinden oder von allen und
jeden Unterthanen, geist- und weltlichen Standes (...) mittelst handgebender Treue
und würcklicher Abschwörung des gewöhnlichen Huldigungs Eydes einnehmen oder
durch einen Substitutum auf gleiche Art und Weise empfangen lassen solle. Dabei
trug die Fürstin ihrem Revisionsrat auf, daß er anbey jedermänniglich Unserer
beständigen Huld und Gnade und alles Guten, absonderlich aber der Handhabung
bey Recht und Gerechtigkeit versichern solle.43
Die Huldigungsanweisung der Fürstin ist aus zweierlei Gründen von besonderem
Interesse: Einmal wirft sie ein Schlaglicht auf das herrscherliche Selbstverständnis,
und zum andern gibt sie einen Einblick in die herrschaftliche Vorstellung über die
künftige Gestaltung der Beziehungen zu den Untertanen. Was das erste betrifft, so
leidet die Huldigungsvollmacht unter einem inneren Widerspruch: Zum einen leitet
die Vormünderin ihren Herrschaftsanspruch ganz traditional aus dem Gottesgnaden-
tum ab; zum andern fühlt sie sich aber bloß als 'verordnete Landesregentin', die sich
gemäß der Erbeinigungsverträge eher nolens volens der Regierung zu 'unterziehen'
habe. Dieser Widerspruch läßt sich m.E. zurückfuhren auf eine gewisse Unverein¬
barkeit zwischen kalvinistischer Religionsprägung und absolutistischem Herr¬
schaftsverständnis, die sich aus der kalvinistischen Gnadenwahllehre ergibt44: Als
absolutistische Herrscherin mußte sich Charlotte Amalie ganz selbstverständlich auf
41 Vgl. die Urkunde in: HHSTA WI 131/Ia 16, unpag.; zu Friedrich von Bode vgl. neben Bleymehl,
Stand, S.74/Anm. 18 und Hoppstädter, Hofadel, S.100 die ergänzenden Bemerkungen von Rum-
schöttel, Verwaltungsorganisation, S.228-233.
42 Auch Geck bedauert "die wenigen Briefe, die von dieser Fürstin {Charlotte Amalie, K.R.) erhalten
sind" (Fürstentum, S.23).
47 Vollmachtsurkunde zit. nach: HHSTA Wl 131/Ia 16, unpag.
44 Dieses spezifisch kalvinistische Problem wird m.E. in der Absolutismus-Forschung zu wenig berück¬
sichtigt; zum Zusammenspiel von Kalvinismus und Territori al Staat am Beispiel der Kurpfalz vgl.
Press, Calvinismus. Zur kalvinistischen 'Gnadenwahllehre* vgl. Weber, Protestantische Ethik,
bes.S.95ff.
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