größere Geschäfte vor184 185. Die Tagung' und Erhebung gemeiner Gelder, worunter in
dieser Zeit, wie wir gehört haben, hauptsächlich die Landkassengelder verstanden
wurden, blieb ebenfalls nach der hergebrachten Vorschrift in Händen der Stadtge¬
richte, und zwar so daß darüber wie bisher jährlich richtige Rechnung vorgelegt
werde]ii. Auch dies mußte ganz im Sinne des Fürsten sein, die staatliche Aufsicht
blieb gewahrt, und es bestand keinerlei Grund, den herrschaftlichen Behörden auf
Kosten der Stadtgerichte eine zusätzliche Arbeitsbelastung zuzumuten, die zudem
noch gegen altes Recht verstieß.
Schließlich beschied der Fürst noch die städtischen Freiheiten, die in der Folgezeit
nach Erteilung der Freiheitsurkunde gewährt wurden, sowie die im Februar 1762
vorgebrachten speziellen Anliegen, die vor allem ökonomische Aspekte betrafen. Die
uneingeschränkte Befreiung von der Leibeigenschaft aus dem Jahre 1549 wurde
ihnen ebenso bestätigt wie die Rathaus-Schenkung von 1604 oder die verschiedenen
Vergleiche von 1685 und 1694 über den Loskauf herrschaftlicher Dienste und
Abgaben186; auch die Zugeständnisse von 1748 sollten in die Privilegien aufgenom¬
men werden; ja die Städte wurden sogar von einem alten, im Freiheitsbrief festgeleg¬
ten Frondienst, der Lieferung von Heu und Stroh für die Pferde fremder Hofgäste,
losgesprochen187. Was die wirtschaftlichen Angelegenheiten betraf, so befreite der
Fürst die Bürgerschaften nicht wie gewünscht vom Brückengeld generell, sondern
nur von den Waren, die für Ackerbau und Viehzucht im Land benötigt würden,
sowie von den Mahlfrüchten und vom Brennholz; hinsichtlich des Ohmgeldes blieb
184 Hier begeht er allerdings einen Fehler, der sich auch schon in der Begutachtung zeigte: Der Fürst
bezog sich sowohl beim Gerichts- als auch beim Probstei-Siegel auf Art.31 des Freiheitsbriefs (vgl.
LA SB 22/2851, fol.l!4f.); dort ist allerdings nur vom städtischen Siegel die Rede (vgl. Köllner,
Städte 1, S.34, hier Art.33; s.a. die wörtl. Wiedergabe bei Klein, Freiheitsbrief, S.144); das Probstei-
Siegel wurde jedoch laut dem Gutachten des Kammerassessors Krebs nicht im Freiheitsbrief, sondern
in der Landcarte festgelegt (Gutachten v. 17,8.1762: LA SB 22/2851, fol.54r., Art.32); es scheint auf
die permanente zeitgenössische und bis in die Forschung hineingetragene Verwechslung von Land¬
charte und Freiheitsbrief zurückzuführen sein, daß die m.E. korrekte Angabe von Krebs nachher
falsch wiedergegeben wurde bis hin in der Punktation des Fürsten selbst.
185 Vgl. die Punktation v.l 1.Februar 1764: LA SB 22/2851, fol.l 15r., hier Verweis auf die Art. 29 u.32
des Freiheitsbriefs, womit einmal die sog. Rante, eine herrsch. Abgabe, und im zweiten Fall die
tatsächliche Lagung gemeint waren (vgl. die Art.30 u.34 bei Köllner, Städte 1, S.33f.).
186 Vgl. dazu die Punktation v.l 1.Februar 1764: LA SB 22/2851, fol.l 15; hier wie so oft das falsche
Datum 1655 für die Befreiung von den Metzgerritten statt 1685 (s. dazu oben das Kap. zur Ausgangs¬
lage).
187 Vgl dazu ebd., diese Befreiung ist nicht auf eine bes. Gnadengabe des Fürsten zurückzuführen,
sondern geht auf einen Vorschlag des Regierungspräsidenten Günderrode zurück, der dem Fürsten
klar machte, daß es nach dem bey denen meisten teutschen Höfen eingeführten Gebrauch (...) gar
nicht mehr üblich (ist), für den Unterhalt der fremden Pferde zu sorgen (vgl. das Votum Günderrodes
v.26.August 1762: LA SB 22/2851, fol.öOr.); diesem Ratschlag konnte sich ein aufgeklärter Fürst wie
Wilhelm Heinrich nicht entziehen, weshalb er schon am 24.September 1762 befahl, von diesem
Frondienst abzusehen (vgl. die Bekanntmachung des fürstl. Befehls durch Günderrode v.24.September
1762: ebd., fol.51).
393