fürstlichen Befehlen und Dekreten"8. Die Gerichtsakten sind, was den Prozeß vor
dem Austrägalgericht betrifft, ungewöhnlich umfangreich, da allein die Proze߬
schriften der beiden gegnerischen Seiten von der Supplik des klagenden Teils und
der sie beantwortenden Exceptionalschrift des beklagten Teils über die Replik,
Duplik, Triplik bis hin zur Quadruplik reichen, während der Schriftverkehr vor dem
Reichskammergericht mit der Duplik der beklagten Seite endet* 119. Eine wesentlich
authentischere Aussagekraft als die anwaltlichen Prozeßschriften besitzen die Pro¬
zeß-Beilagen, wie z.B. die Judizial- bzw. Oberamtsprotokolle, die Korrespondenzen
der Behörden vor Ort und die Notariatsinstrumente120. Ähnlich wie bei der Völklin-
ger Mandatsklage bieten die Köllertaler Gerichtsakten nicht nur die Möglichkeit, den
prozessualen Verlauf nachzuzeichnen, durch die Vielzahl von Steuerregistern, Forst¬
rechnungen, Renovaturprotokollen usw. lassen sich auch die sozialen, wirtschaftli¬
chen und politisch-rechtlichen Verhältnisse innerhalb der einzelnen Gemeinden der
Meierei aufzeigen, die wiederum sehr aufschlußreich für den Protest selbst sind; auch
in diesem Fall konnten die 'Rahmendaten' durch die Oberamtsbeschreibung von Lex
ergänzt werden. Darüber hmaus wurden noch spezielle Köllertaler Akten zur Vertie¬
fung einiger politisch-rechtlicher und sozial-ökonomischer Aspekte herangezogen121.
Alles in allem umfaßte das Archivmaterial zum Köllertaler Protest, der in der
Landesgeschichtsschreibung bislang kaum Beachtung fand122, rund 4000 Seiten.
Den letzten größeren Konflikt in vorrevolutionärer Zeit stellt der Privilegienstreit der
beiden Städte Saarbrücken und St.Johann dar, der ansatzweise bereits in vormund¬
schaftlicher Regierungszeit begann und bis zum Ausbruch der Französischen Revo¬
lution anhielt. Er ist nicht geschlossen überliefert, sondern muß aus verschiedenen
Provenienzen erschlossen werden: aus den einschlägigen städtischen Privilegien-
Akten des Landesarchivs und des Stadtarchivs Saarbrücken, hier vor allem des
Bestandes Gemeinsames Stadtgericht123, sodann aus der Firmond'schen Chronik, und
zwar aus den Abschriften der fürstlichen Dekrete, Regierungsschreiben und städti¬
schen Petitionen, die Friedrich Firmond sen. im ersten Teil der Chronik vomahm,
"s Vgl. hierzu vor allem den Aktenband: LA SB 22/2713.
119 Vgl. zum Austrägal- und Reichskammergerichtsprozeß der Köllertaler Gemeinden gegen Fürst
Ludwig von 1779-1784/85 die Aktenbände: LA SB 22/2715-2718; zur Erläuterung der jeweiligen
Prozeßschriften im einzelnen anhand der einschlägigen rechtsgeschichtlichen Literatur s.u. die Kap.
11.3 c), d) u.e).
1:0 Vgl. allgem. dazu die einleitenden Bemerkungen von Troßbach, Bauembewegungen, S. 17-22, hier
S.19.
Vgl. LA SB 22/2709 u. 2710.
Köllner und Ruppersberg erwähnen den Prozeß nur beiläufig anläßlich der Schilderung der Ereignisse
während der frühen Französischen Revolution (vgl. Köllner, Land, S.478 u. Ruppersberg, Grafschaft
II, S.353); ähnlich Fehrenbach (Unruhen, S.40f.) im Zusammenhang mit dem Landkassenstreit von
1789 bis 1793.
123 Vgl. zum städtischen Pnvilegienstreit vor allem LA SB 22/2850 u. 2851, z.T. auch 2852; StadtA SB
Gemeins. Stadtger. 1,2, 5, 70; s.a. ebd. Stadtger. SB 95, 256.
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