Am 11.August 1780 erließ das Austrägalgericht das Dekret an den klagenden Teil,
binnen vier Wochen Stellung zu nehmen zur Duplik von Lex229. Aber auch Lautz
konnte den Termin wegen des enormen Umfangs der Duplik und ihrer Anlagen nicht
einhalten, so daß er am 19.September um eine Fristverlängerung von acht Wochen
bitten mußte230 231, die ihm das Austrägalgericht am 26.September gewähr?^ . Am
15.November 1780 war die Triplik des Köllertaler Anwalts fertig. In der Regel sollte
das ordentliche Verfahren in einem petitorischen Prozeß mit der Duplik beendet sein,
wenn nicht neue Argumente vorgebracht würden; da die Duplik aber 46 Anlagen
enthielt, sah sich der Köllertaler Anwalt gezwungen zu antworten. Seine Triplik
umfaßte 90 Seiten und nur noch zwei Anlagen, woran zu erkennen ist, daß er gewillt
war, den Prozeß einem Ende entgegenzuführen232. Was hatte der klägerische Anwalt
neues vorzubringen?
Wie nun bereits zur Gewohnheit geworden, setzte sich der Anwalt mit jedem Argu¬
ment seines Widerstreiters eingehend auseinander. Dieser geradezu lückenlose
Kommunikationsprozeß führte dazu, daß die einzelnen Klagen noch stärker präzisiert
und die altständischen Konsensforderungen noch weiter ausgedehnt wurden, als es
bereits in der Replik der Fall gewesen war. Bei der Waldbeschwerde hatte dies zur
Folge, daß jetzt nicht mehr die traditionelle Unterscheidung zwischen Besitzstand
und Eigentum, also zwischen Nutzungsrechten und Verfügungsgewalt im Zentrum
der Debatte stand, sondern daß der Köllertaler Anwalt nun unverholen auf das
'Privateigentum' seiner Mandanten abstellte, das er zuvor nur andeutungsweise ins
Spiel gebracht hatte. Die Betonung des Privateigentums, also einer modemstaatlichen
Kategorie, die erst im Zuge der Aufklärung diskutiert wurde, hatte die paradoxe
Wirkung, daß das altständische Moment des Konsenses noch stärker als zuvor
herausgestellt wurde; denn unter Berufung auf das Privateigentum seiner Mandanten
wandte sich der Köllertaler Anwalt jetzt ganz dezidiert gegen jegliche einseitig 'von
oben' bestimmte Politik. So war für ihn nunmehr selbst die Arbeit der herrschaftli¬
chen Absteinungskommission der 1730er Jahre als widerrechtlich und damit als
aufgehoben anzusehen, weil sie 'vi superioritatis territorialis' und ohne Flinzuziehung
der Köllertaler Bauern geschehen sei, die doch hätten befragt werden müssen, da ihre
'Privatgüter' betroffen waren233. Man muß sich diesen Zusammenhang nochmals vor
Augen führen: Während unter vormundschaftlicher Zeit noch kein Landuntertan an
Eigentumsansprüche dachte, wurden im letzten Drittel des 18 Jahrhunderts unter dem
229 Vgl. das Dekret des ATG v. 11.August 1780: LA SB 22/2716, S.469.
230 Vgl. die Bitte von Lautz ans ATG v. 19 September 1780: LA SB 22/2716, S.470.
231 Vgl. das Schreiben des ATG v. 26.September 1780: LA SB 22/2716, S.472.
232 Vgl. die Triplik des Köllertaler Anwalts Lautz ans ATG vom 15.November 1780: LA SB 22/2716,
S.473-563 (die beiden Anlagen: ebd., S.564-66).
233 Vgl. die Widerlegung des zweiten Scheingrunds der ersten Beschwerde über den Wald in der Triplik
des Köllertaler Anwalts Lautz ans ATG v. 15.November 1780: LA SB 22/2716, S.523-526 (zit.526).
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