der beiden Häuser Lothringen und Saarbrücken wurde überschattet von der Aus¬
dehnungspolitik Frankreichs, das sich auf dem Weg der Reunionen vorübergehend
von 1680 bis 1697 in den Besitz der Lande an der Saar setzte, die es als 'Saarprovinz'
zusammenfaßte und denen es mit der 1680 neu gegründeten Festungsstadt Saarlouis
einen militärischen und administrativen Mittelpunkt gab29. Nachdem Frankreich im
Frieden von Rijswijk 1697 den größten Teil der 'Saarprovinz' - mit Ausnahme von
Saarlouis und seiner unmittelbaren Umgebung - wieder an das Reich zurückgeben
mußte, eröffneten die Verträge von 1735, die den polnischen Erbfolgekrieg been¬
deten, neue Aussichten auf eine Ausdehnung nach Osten, die 1766 mit dem Erbanfall
Lothringens realisiert wurden, infolgedessen die deutsch-französische Staatsgrenze
durch Grenzbereinigungs- und Austauschverträge mit den deutschen Reichsständen
auf weiten Strecken ihren noch heute gültigen Verlauf erhielt30. Ein letztes Mal vor
dem Untergang des Ancien Régime bekamen die Reichsterritorien an der Saar den
Expansionsdrang Frankreichs zu spüren, als 1792/93 französische Revolutionsheere
unter dem Banner der 'Befreiung' die Grenze überschritten und 1797/98 das Kem-
gebiet des ehemaligen Fürstentums Nassau-Saarbrücken dem Saardepartement zu¬
geschlagen und 1801 schließlich im Frieden von Lunéville zusammen mit dem links¬
rheinischen Deutschland de iure an Frankreich abgetreten wurde31.
Das ohne direkte Verbindung mit seinem Stammland Nassau auf sich allein gestellte
und von ständigen Gefahren von außen bedrohte Fürstentum Nassau-Saarbrücken
war klein und stellte innerhalb der deutschen Reichsstände eine "quantité négli¬
geable" dar32. Es bestand im 18. Jahrhundert aus der Grafschaft Saarbrücken mit ihren
beiden Oberämtem Saarbrücken und St. Johann, aus der Herrschaft bzw. dem Ober¬
amt Ottweiler, aus zwei Dritteln der im Jahre 1745 mit Nassau-Weilburg geteilten
Grafschaft Saarwerden mit ihrem Oberamt Harskirchen und schließlich aus dem Amt
Jugenheim bei Mainz mit den Orten Jugenheim und Tiefenthal sowie einem Viertel
der Gemeinschaft Wollenstem33. Das Kemgebiet an der Saar umfaßte nicht mehr als
vier Städte und rund 140 Dörfer34. Hier wohnten um die Mitte des 18.Jahrhunderts
gerade einmal 21000 Menschen35. Entsprechend dieser Kleinräumigkeit war auch die
29 Vgl. Herrmann, Frankreich, S.444-459; ders., Grundlinien, S.506-512; zur Reunionszeit Textor,
"Saarprovinz", S.l-76.
30 Vgl. zu den nassauischen Austauschverhandlungen mit Frankreich von 1737 bis 1768: Herrmann,
Beiträge, S.313-380.
31 Vgl. Herrmann, Zuordnung, S.537-539; ders. (Hg ), Französische Revolution, S. 179ff.; allgem. zu
dem ambivalenten Charakter des Revolutionskrieges, der zwischen 'Befreiung' und 'Eroberung'
oszillierte, vgl. Fehrenbach, Ideologisierung, S.57-66; Dumont/Voss, Revolutionskrieg, S.60-81.
32 Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.59.
33 Vgl. zum Bestand des Fürstentums Nassau-Saarbrücken gegen Ende des 18.Jahrhunderts Krohn,
Beiträge, S.23-29; zur Teilung der Grafschaft Saarwerden ebd., S. 12f.
34 Vgl. Herrmann, Wilhelm Heinrich, S.59.
35 Vgl. Collet, Wirtschaftsleben, S.89.
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