möge, dem Freveltag biß zum Ende beyzuwohnen und nicht davon zu gehen296. Mit
ihrer Entschuldigung verwiesen die Gerichtsleute zunächst einmal auf "das städtische
Verordnungsrecht", das ihnen erlaubte, unter Leitung des Oberschultheißen in städti¬
schen Polizeisachen Verordnungen zu erlassen297. In diesem Fall konnten sie sich
sogar ganz konkret auf ihr altes Recht berufen, eigene Wald- und Holzordnungen zu
entwerfen, das sie bis zur nassau-usingischen Herrschaftsübemahme innehatten298.
Das städtische Verordnungsrecht bezog sich allerdings nur auf innerstädtische
Angelegenheiten und erlaubte keine eigenständige Veröffentlichung der selbst
entworfenen Verordnungen. Genau darin hatten aber die Gerichte gefehlt: Sie hatten
nämlich - wie die Fürstin später zu ihrem größten Mißfallen feststellen mußte - unter
dem Vorwand einer erneuerten bürgerlichen Polizeiordnung Jagd- und Forst Ordina¬
tiones entworfen, die sich nicht nur auf den städtischen, sondern auch auf den
herrschaftlichen Wald bezogen299; und sie hatten ihren Verordnungsentwurf der
bereits erlassenen herrschaftlichen Forstordnung vorsetzen und propria autoritate -
und eben nicht im Namen der Herrschaft - veröffentlichen wollen300 *. Damit hatten
die Gerichtsleute ihre alten Rechte mißbraucht und ihre Kompetenzen weit über¬
schritten.
Die Saarbrücker Regierung konnte in dem Schritt der Gerichtsleute nicht(s) anderst
alß ein Eingriff in die herrschaftliche hohe(n) Gerechtsame(n) sehen, den eine hohe
Obrigkeit nicht ohngeahndet hingehen laßen kan, zumal er mit der Verachtung derer
von der Obrigkeit emanirten Constitutionen geschehen sei. Sofort setzten die Regie¬
rungsräte für den 25.November einen weiteren Freveltag an, an dem das Stadtgericht
mit der nötigen Schuldigkeit erscheinen sollte, ansonsten man allein seine Glieder
vor die Autores der nunmehr soweit gekommenen Renitenz ansehe und mit Entset¬
zung von ihren Ehren-Stellen gegen sie verfahre, sofort aber ihren Platz mit andern
Subjectis besetze, welche gegen hohe Herrschaft mehrere Devotion und Respect zu
gebrauchen wißen. Für das jetzige Verhalten wurden die Gerichtsmänner, die Vor¬
steher und der Zugeber zu jeweils zehn Reichstalem und ein jeder Bürger des 38köp-
figen Ausschusses zu zwei Reichstalem Strafe verurteilt, die sie aus ihren eigenen
296 Vgl. die Entschuldigung der Stadtgerichte beider Städte an die Saarbrücker Regierung wegen des
nicht gehaltenen Freveltages, Saarbrücken 22.November 1737: StadtA SB Gerneins. Stadtger. 146,
unpag.
297 Vgl. allgem. zum städtischen Verordnungsrecht der beiden Saarstädte Ennen, Organisation, S.106ff.
(zit. S. 107).
298 Vgl. dazu oben Кар.1.3a)
299 Vgl. das Schreiben der Usinger Fürstin an die Saarbrücker Regierung, Usmgen 7.Dezember 1737:
LA SB 22/2866, fol.210.
30n Vgl. das Schreiben der Saarbrücker Regierung wegen eines nicht gehaltenen städtischen Forstfrevel¬
tages, Saarbrücken 19.November 1737: StadtA SB Gemeins. Stadtger. 147, unpag. und den Auszug
aus dem Protokoll der Zivilresolutionen der Saarbrücker Regierung, Saarbrücken 23.November 1737:
StadtA SB Gemeins. Stadtger. 146, unpag., hier wird vor allem die eigenmächtige Publikation
moniert.
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