Oberschultheiß als der 'Hauptanstifter' des städtischen Protests angesehen wurde, war
"eine der wichtigsten Personen beim Stadtgericht, da derselbe den Gang des Prozes¬
ses zu leiten und alle gerichtlichen Verhandlungen zu protocolliren hatte"89; wichtig
zu wissen ist, daß der Stadtschreiber von der Herrschaft angestellt wurde, also ein
herrschaftlicher Bediensteter war, der zugleich das Bürgerrecht besaß: seine Stellung
war höchst ambivalent90. Die Bürgerschaft selbst trat eher selten in Erscheinung, sie
wurde in der Regel vertreten vom gemeinsamen Stadtgericht. Wenn wir in der Folge
häufig verkürzt von den Städten oder den Amtsinhabem bzw. städtischen
Repräsentanten sprechen, dann meinen wir stets die Mitglieder des gemeinsamen
Stadtgerichts.
Da die Städte keine Antwort auf ihre Petition von Anfang Februar 1729 erhielten,
versammelten sich Ende März die Vorsteher, Gerichtsmitglieder und einige Bürger
aus beiden Städten auf dem Rathaus, setzten eine Supplik auf und beschlossen
unanime, also einstimmig, sie durch eine bürgerliche Deputation der Fürstin selbst in
Usingen zu übergeben91. Die Bittschrift betraf nicht allein, ja nicht einmal vorrangig
die städtischen Forstrechte, sondern in erster Linie die Privilegien, die die Städte seit
1322 erworben hatten und die ihnen bei jedem Herrschaftswechsel bestätigt bzw.
'konfirmiert' worden waren. Da die Usinger Herrschaft dies bislang noch nicht getan,
bei der Huldigung aber versprochen hatte, baten die Städte zunächst einmal um
Privilegienkonfirmation; erst am Ende ihrer Bitte gingen sie auch auf die städtischen
Forstrechte ein, die sie ebenso bestätigt wissen wollten. Es entstand so - ob be¬
absichtigt oder unbeabsichtigt - der Eindruck eines Kausalzusammenhangs zwischen
städtischen Privilegien und Waldrechten, der in Wirklichkeit so nicht gegeben war:
Die Städte verliehen ihrer Forstklage eine größere Bedeutung, indem sie ihre Wald¬
rechte in den Rang von Privilegien stellten92.
Der St.Johanner Gerichtsmann Georg Ludwig Firmond, der städtische Zugeber
Balthasar Schmidtbom und der Saarbrücker Meier Martin Immig überreichten die
Bittschrift in Usingen, worauf ihnen von der Regierung positive Resolution, sobald
89 Vgl. zum Amt des Stadt- u. Gerichtsschreibers Köllner, Städte II, S. 37f. (zit.S.37).
90 Vgl. das Zeugenverhör v. 20.August 1732, wo Bentz aussagt, daß er auch Bürger seye und das
Bürger-Recht habe (LA SB 22/2865, fol.218v.); daß er zugleich herrschaftlicher Bediensteter ist,
mußte ihm die Saarbrücker Regierung immer wieder klar machen, vgl. etwa das Schreiben der
Saarbrücker Regierung an den städtischen Oberschultheißen und den Stadtschreiber wegen eines nicht
gehaltenen Freveltags, Saarbrücken 19.November 1737: StadtA SB Gemeins. Stadtger. 320, unpag.
sowie ebd. 147, unpag.; die Angaben von Köllner sind zu vage, wenn er sagt, daß der Stadtschreiber
"bald von der Landesherrschaft, bald vom Stadtgericht selbst ernannt und angestellt wurde" (Städte II,
S.37); s.dazu auch Ennen, Organisation, S.43.
91 Vgl. den Auszug aus einem städtischen Judizialprotokoll v. 28.3.1729: LA SB 22/2865, fol.51.
9: Vgl. die Petition der beiden Saarstädte an die Vormünderin, Saarbrücken 31.3.1729: LA SB 22/2850,
fol. 134-140.
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