Full text: Obrigkeit und Untertanen (32)

außerhalb der Schreibtage keine einseitige Anweisung mehr gestattet werden. Hin¬ 
sichtlich der umstrittenen Holztage sollte es zwar grundsätzlich bei der publizierten 
Forstordnung verbleiben; damit jedoch den Untertanen kein Anlaß gegeben werde, 
mit Fug Beschwehrde zu thun, sollten die Holztage von dem Forstambt und Land¬ 
cammer nach derer Unterthanen Convenienz determiniret werden, d.h. konkret wenn 
die Untertanen oder auch gantze Gemeinden wegen Feiertage, Frondienste oder 
anderer Verhinderungen die Holztage nicht einhalten könnten, dann sollten sie am 
folgenden oder andern Tag sich zu beholzigen die Freyheit haben. Wenn Schläge 
und Häge im Wald gemacht würden, dann sollten die genannten Beamten alle mögli¬ 
che Maas gebrauchen, damit durch die ersten der Wald nicht unnötig verwüstet und 
durch letztere aber der Unterthan im Weydstrich nicht allzusehr eingeschränckt 
werde. Wegen der Rodtbüsche versprach die Fürstin demnechst nähere Verordnung, 
bis dahin sollte aber auch hier die Anweisung gemeinschaftlich, d.h. vom Oberforst¬ 
meister und vom Landkammermeister, und außerhalb des Hochwaldes geschehen; 
für die neue Rodung sollte die gewöhnliche Abgabe, für die gemeindeeigenen bzw. 
schaftbaren Rodthecken jedoch nichts entrichtet werden, wobei immer darauf zu 
sehen sei, daß nichts muthwilliger Weiß verbrennet werde. Schließlich bedachte die 
Vormünderin in ihrer Verordnung noch die neuerlichen viele(n) und große(n) 
Beschwerden über die Jagdfronen und speziell über die Treib- und Wolfsjagd. So 
sollte künftig jedem Jäger oder Förster in dem ihm anvertrauten Forst ohne andern 
Eingriff, wer die auch seyen, erlaubt sein, das Wild nach selbst eigenem Gutbefinden, 
allerdings nach Weydmannsbrauch abzuschießen; auch sollte nichts ohne herr¬ 
schaftlichen expressen Befehl eingehänget werden. Hinsichtlich der Treib- und 
Wolfsjagden sei, wie die Fürstin mit Mißfallen vernommen habe, zum öftern keine 
Maas gebraucht, sondern erstere mehrentheils ohne Noth, letztere aber zur Unzeit 
und ehe noch bekannt, ob und wo einige Wölfe sich spühren laßen, gebotten worden -, 
um diesen Mißstand, wodurch die Untertanen unnötigerweise belastet würden, 
abzustellen, verordnete die Vormünderin, daß die Treibjagden in Abwesenheit der 
Landesherrschaft eingestellt und die Wolfsjagden nur noch dann gefordert würden, 
wenn auch wirklich Wölfe gesehen worden seien. Damit verzichtete die vormund¬ 
schaftliche Herrschaft für die Zeit ihrer Abwesenheit auf das öffentliche Macht- und 
Statussymbol der herrschaftlichen Jagd - ein außerordentliches Zugeständnis an die 
Untertanen, selbst wenn man in Rechnung stellt, daß die Herrschaft aufgrund der 
räumlichen Distanz nur bedmgt ihrem Jagdinteresse nachkommen konnteig:. Alles in 
allem hatte Fürstin Charlotte Amalie den nachträglichen Beschwerden der Köllertaler 
Gemeinden mit ihrer Nachtrags Verordnung entsprochen; den Hauptkritikpunkt, daß 
das Oberforstamt willkürlich - aus Eigennutz - handle, versuchte sie dadurch aus dem 
Weg zu räumen, daß sie dem von Anfang an allzu eigenmächtig handelnden Ober¬ 
forstmeister einen eher willfährigen Beamten zur Seite stellte. Jetzt sollte sich aus- 
l9: Vgl. allgem. zur herrschaftl. Jagd und der bäuerlichen u. bürgerlichen Kritik daran bes. im südwest¬ 
deutschen Raum Eckardt, Jagd. 
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