nahe Verwandtschaft zwischen ihr und Theobald IV. kann nicht nachgewiesen
werden. Jedoch war Gertrud 1222 ca. 16 Jahre alt. So ist es kaum glaublich, daß
man in diesem Alter bei einer Frau schon eine Kinderlosigkeit voraussehen kann
Es werden wohl andere Faktoren für die Scheidung den Ausschlag gegeben haben.
Möglich, daß aus einem für uns unerfindlichen Grund sich die Hoffnungen, die man
von seiten der Champagne in diese Ehe gesetzt hatte, iücht erfüllten. Denkbar wäre
auch, daß der Druck Friedrichs II ., der ja gegen diese Eheverbindung gearbeitet hat,
so groß geworden war, daß eine Scheidung unumgänglich wurde. Nach der
Ehescheidung hat Theobald IV. jedenfalls weiterhin die Mitgift seiner ehemaligen
Frau beansprucht1250, was wahrscheinlich die Ursache der kriegerischen
Verwicklungen zwischen Theobald von der Champagne und der Stadt Metz im
Jahre 1222 war1251. Nach dem Tode der Dagsburger Gräfin im Jahre 1225 ist
sowohl Nancy als auch Gondreville gemäß den Vertragsbestimmungen wieder an
Herzog Matthäus zurückgefallen1252. Dieser übergab schließlich Gondreville seiner
Gemahlin Katharine von Limburg zur Ausstattung1253, auch Nancy hat er iücht
mehr seiner Mutter zurückgegeben1254, sondern es selbst behalten1255.
Bezüglich der Herrschaftsausübung Theobalds IV. in der Dagsburger Grafschaft
zeichnen sich - wohl bedingt durch die kurze Dauer der Ehe - kaum Konturen ab. In
dem Lehensverzeicluüs der Grafen von der Champagne gibt es zwar einen Titel De
comitatu Dauburgensi1256, es ist aber unter diesem Titel nur ein einziger
Lehensnehmer, nämlich ein nicht ligischer Lehensmann namens Milo von Sorci,
verzeichnet1257, was darauf schließen läßt, daß die Herrschaft Theobalds IV. über
die Grafschaft Dagsburg, außer in vereinzelten Ansätzen, nicht existiert hat. Auch
1250 Vgl. Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, 2. Bd., Nr. 140, S. 157.
‘251 Ebda
1252 Es läßt sich nicht ganz klären, ob Nancy und Gondreville schon nach der Scheidung
Gertruds von Theobald IV. von der Champagne 1222 oder erst nach Gertruds Tod
wieder an den Herzog von Lothringen zurückgefallen sind, da hierzu die Quellen
schweigen. Siehe zur Forschungsdiskussion unten im Kap. 'Besitzungen' die Art.
'Nancy' und 'Gondreville'.
1253 Urkunde von Herzog Matthäus von Oberlothringen vom September 1225, abgedruckt
in: Calmet, Histoire ecclésiastique, 2. Bd., 1. Aufl., preuves, col. 437: Ego Mathœus
Dux Ixtlhoringiœ & Marchio, universis ad quos prœsens scriptum pervenerit, notum
Jacio, quod Katherinam filiaux Domini Walranni, ducis de Lemboug. & comitis de
Luxembourg, uxorem meam, dotavi de Castello meo de Bittes, cum appenditiis
omnibus, & hotniniis, & de castello Gondreville similiter, cum appenditiis & hominiis.
et hæc prœdicta duo castella cum appenditiis. ei debeo facere valere singulis annis
quingentas libras Metenses. - Regest in Le Mercier de Moriere, Catalogue, Nr. 54, S.
125 f.; vgl. R. Taveneaijx - M. Parisse u. a., Histoire de Nancy, Toulouse 1987, S.
51, sowie Mohr, Lothringen, 3. Bd., S. 57, u. Pfister, Nancy, 1. Bd., S. 128.
1254 So fehlt Nancy in der Aufzählung ihrer Besitzungen im Testament der Herzoginmutter
Agnes von Lothringen vom 8. Juni 1226, abgedruckt in: Calmet, Histoire
ecclésiastique, 2. Bd., 1. Aufl., preuves, col. 438 ff.
1255 Siehe dazu unten im Kap. 'Besitzungen' den Art. 'Nancy' mit den urkundlichen
Nachweisen.
1256 A. LONGNON, Documents relatifs au comté de Champagne et de Brie 1172-1361, 1
Bd.: Les fiefs, Paris 1901, § 10, S. 137.
1257 Ebda, Nr. 3699, S. 137.
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